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Italien: Folgt Monti Tremonti?

Nach dem Rücktritt des italienischen Wirtschaftsministers Giulio Tremonti  wird in Rom heftig über den Nachfolger des prestigereichen Steuerexperten gerätselt.

Zwar wird Regierungschef Silvio Berlusconi vorerst das Wirtschaftsressort interimistisch leiten, der Ministerpräsident will jedoch so rasch wie möglich – spätestens bis Ende kommender Woche – einen Nachfolger Tremontis ernennen.

Als möglicher Kandidat ist EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti im Gespräch, der nach zehnjähriger Erfahrung in Brüssel der geeignetste Bewerber für den Posten des Wirtschaftsministers wäre. Monti, ehemaliger Leiter der angesehenen Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi, war 1994 von der ersten Regierung Berlusconi als italienischer EU-Kommissar nach Brüssel entsendet worden.

Zwar werden ihm Sympathien für Berlusconis Erzrivalen, den bis November amtierenden EU-Kommissar Romano Prodi, eingeräumt, der italienische Premierminister könnte jedoch ein Auge zudrücken. In dieser turbulenten politischen Phase könnte Berlusconi keinen prestigereicheren Minister als den Wettbewerbskommissar finden, um seiner angeschlagenen Regierung neue internationale Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Berlusconi wird Monti am Montag in Brüssel treffen. Italienischen Medienberichten zufolge wird er dem EU-Kommissar bei dieser Gelegenheit den Vorschlag unterbreiten, der Regierung beizutreten. Ob Monti annehmen wird, ist eine offene Frage. Sein Mandat in Brüssel läuft im November aus, der Lombarde hatte nie ein Hehl daraus gemacht, dass er gern weitere fünf Jahre als italienischer EU-Kommissar in der belgischen Hauptstadt bleiben würde.

Sollte Monti das Angebot ablehnen, kommt der Vize-Wirtschaftsminister, Mario Baldassarri, als Kandidat in Frage, spekulierte die Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Samstag-Ausgabe). Auch der amtierende Industrieminister, Antonio Marzano, Spitzenpolitiker der Berlusconi-Partei Forza Italia, zählt zu den Kandidaten für den heiklen Posten des Wirtschaftsministers, der noch bis Ende Juli ein Papier mit den wirtschaftlichen Richtlinien für die kommenden drei Jahre verfassen muss. Weniger Chancen werden der amtierenden Unterrichtsministerin Letizia Moratti eingeräumt.

Tremonti ist das dritte „Schwergewicht“ der Regierungsmannschaft, den Ministerpräsident Berlusconi in drei Jahren Amtszeit verliert. Im Jänner 2002 war der damalige Außenminister Renato Ruggiero aus Protest gegen den Europa-kritischen Kurs der Regierung zurückgetreten. Berlusconi hatte Ruggiero nach einer langen Interimsphase mit Außenminister Franco Frattini ersetzt.

Vor genau zwei Jahren, am 3. Juli 2002, war Innenminister Claudio Scajola zum Rücktritt gezwungen worden, nachdem er mit beleidigenden Äußerungen über den ermordeten Regierungsberater Marco Biagi scharfe Kritik auf sich gezogen hatte. Scajola war durch den Politiker der Forza Italia, Giuseppe Pisanu, ersetzt worden.

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