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Italien: Druck auf Berlusconi wächst

Der Druck auf Italiens Regeriungschef Silvio Berlusconi wächst. Nach dem Wechsel im Wirtschaftsministerium wurden jetzt erstmals öffentlich Stimmen in der Regierungskoalition laut, die seinen Führungsanspruch in Frage stellen.

Bündnispartner Marco Follini von den Christdemokraten (UDC) sagte erstmals öffentlich, seine Partei wünsche sich einen anderen Spitzenkandidaten als Berlusconi für die Parlamentswahlen im kommenden Frühling. Diese Forderung der UDC steht seit einiger Zeit im Raum, wurde jedoch bislang noch nie vor Journalisten ausgesprochen.

„Ich bin der Ansicht, dass Berlusconi nicht der bestmögliche Kandidat für die Regierungskoalition ist. Man muss demokratisch über diesen Aspekt diskutieren können“, sagte Follini. Er drängte auf interne Vorwahlen im Regierungsbündnis, wie sie die Opposition am 16. Oktober plant. Casino und Fini stehen in den Startlöchern

Die UDC fordert die Kandidatur ihres Spitzenpolitikers, des Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Pier Ferdinando Casini. Casini ist laut Umfragen weit populärer als Berlusconi.

Auch der Chef der postfaschistischen Alleanza Nazionale, Aussenminister Gianfranco Fini, wird als Premierkandidat des Mitte- rechts-Bündnisses gehandelt. Seit Jahren ist Fini und nicht Berlusconi für die rechtsorientierten Wähler die Nummer eins.

Berlusconi scheint angesichts der Kritik in den eigenen Reihen erstmals bereit, mit sich reden zu lassen. „Ich bin bereit, mit den Partnern über meine Kandidatur zu diskutieren“, sagte er am Donnerstag. Tremonti – kein Rettungsanker

Berlusconi hatte am Donnerstag nach dem Rücktritt von Wirtschaftsminister Domenico Siniscalco umgehend eine Lösung präsentiert und den Europa-Kritiker Giulio Tremonti zum Nachfolger ernannt. Dieser Entscheid wurde sowohl von der Opposition als auch von Kommentatoren heftig kritisiert.

Die Mitte-Links-Opposition forderte umgehend Neuwahlen. Die Zeitung „La Repubblica“ diagnostizierte gar den „politischen Tod“ der Regierung Berlusconi.

Tremonti war bereits von 2001 bis 2004 Wirtschaftsminister und hatte nach heftiger Kritik an seiner Sparpolitik aufgegeben. „Die Uhr der italienischen Politik wird um 15 Monate zurückgestellt und Tremonti steht als Sieger da. Aber das Land hat ein Jahr verloren“, schrieb die Zeitung „Corriere della Sera“. Fazio-Affäre

Kritiker monieren zudem, dass Berlusconi keine Lösung für die seit Wochen schwelende Krise um Zentralbankchef Antonio Fazio gefunden hat. Dieser soll seine Macht in einem Bankenskandal missbraucht haben.

Laut Telefonprotokoll hat er bei einem Übernahmekampf um eine italienische Bank das Institut eines seiner Freunde bevorzugt; zwei ausländische Banken hatten das Nachsehen. Fazio – Notenbankchef auf Lebenszeit – weigert sich beharrlich, zurückzutreten. Notiz: Sie erhalten noch einen Hintergrund zur aktuellen Regierungskrise in Italien.

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