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Italien: Bioethik-Referendum gescheitert

Nach dem Boykott-Aufruf der katholischen Kirche ist das Bioethik-Referendum in Italien gescheitert. Nur 25 Prozent der Wahlberechtigten gingen an die Urnen, um über Embryonenforschung und künstliche Befruchtung abzustimmen.

Dies teilte das Innenministerium in Rom nach Schliessung der Wahllokale mit. Nach diesen vorläufigen Angaben lag die Beteiligung an der Abstimmung von Sonntag und Montag weit unter den für eine gültige Abstimmung nötige Beteiligung von 50 Prozent. In einem äusserst emotionalisierten Wahlkampf betonten die italienischen Bischöfe, der Schutz des ungeborenen Lebens dürfe „nicht zur Abstimmung gestellt werden“.

Papst pro Boykott

Auch Papst Benedikt XVI. hatte sich hinter den Boykott-Aufruf gestellt. Kritiker warfen der Kirche massive Einmischung in die Politik vor. 90 Prozent der Italienerinnen und Italiener sind katholisch. Laut einer Umfrage des Fernsehsenders Sky Italia war die Kirchen- Kampagne mit ein Grund für das Scheitern. 65 Prozent der 500 Befragten gaben an, aus moralischen Gründen nicht zu den Urnen gegangen zu sein. 35 Prozent gaben Wahlmüdigkeit als Grund an.

Eines der strengsten Gesetze weltweit

Das geltende Gesetz in Italien zur künstlichen Befruchtung und Embryonenforschung ist seit 2004 in Kraft. Es gilt weltweit als einer der strengsten. Mit dem Scheitern des Referendums wird dies auch so bleiben. Damit ist künstliche Befruchtung weiter nur bei Ehepaaren oder fest zusammenlebenden heterosexuellen Paaren gestattet.

Das Material zur Befruchtung mit Ei- oder Samenzellen muss von dem Paar selbst stammen, nicht aus Samenbänken. Es dürfen maximal drei Eizellen im Reagenzglas befruchtet werden, wobei eine Untersuchungen etwa auf Gendefekte untersagt ist. Auch das Einfrieren von Embryonen, die laut Gesetz bereits die Rechte eines menschlichen Wesens haben, ist nicht zulässig. Die Forschung an embryonalen Stammzellen ist verboten.

Parteien gespalten

Das Thema spaltete die Politiker quer durch die Parteien. Viele Politiker gaben ihr Abstimmungsverhalten nicht bekannt, darunter Regierungschef Silvio Berlusconi und Oppositionsführer Romano Prodi. Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi hatte dagegen demonstrativ deutlich gemacht, dass er abstimmt.

Und der Chef der neofaschistischen Alleanza Nazionale (AN), Vizepremier Gianfranco Fini, löste einen Sturm der Entrüstung aus, als er öffentlich bekannte, dass er bei bestimmten Referendums-Fragen mit Ja stimme. Schliesslich beschlossen die beiden grossen Regierungsparteien, Berlusconis Forza Italia und die AN, Stimmfreigabe. Auch Prodis linksbürgerliche Margherita gab keine Parole aus.

Linke und Frauenverbände unterlegen

Die an der Regierung beteiligten Lega Nord und die Christdemokraten schlossen sich dem Boykott-Aufruf der Kirche an. Für ein Ja hatten alle weiteren Linksparteien sowie viele Frauenverbände, Ärzte und Wissenschafter geworben. Antwort auf Antinori Das Gesetz waren eine Reaktion auf die Auswüchse der Reproduktionsmedizin unter dem umstrittenen Arzt Severino Antinori.

Antinori hatte in den 90-er Jahren Frauen im Alter von über 60 Jahren durch künstliche Befruchtung zu einem Baby verholfen. Manche Befürworter des Referendums warnten, die Kirchen-Kampagne sei in Wahrheit der erste Schritt für eine Revision des seit fast 25 Jahren geltenden Abtreibungsgesetzes.

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