Die Abgeordneten in Rom lehnten am Dienstag mit deutlicher Mehrheit zwei Anträge der Opposition ab, die das Projekt bereits frühzeitig zu Fall bringen sollten. Berlusconis Koalition will das Verhältniswahlrecht wieder einführen, das 1994 abgeschafft worden war. Die Opposition spricht von Betrug und wirft Berlusconi vor, mit der Reform nur seine Chancen bei der Parlamentswahl im kommenden Frühjahr erhöhen zu wollen. Das Votum macht den Weg frei für die eigentliche Abstimmung, die für Ende der Woche vorgesehen ist.
Nach geltendem Gesetz werden in Italien 75 Prozent der Abgeordneten nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt, das restliche Viertel per Verhältniswahl. Das System hat in den vergangenen Jahren zu mehr Stabilität geführt. Berlusconis Regierung ist bereits über vier Jahre im Amt und damit länger als jede der 58 Regierungen, die seit dem Zweiten Weltkrieg in Rom amtierten. Doch Berechnungen unabhängiger Institute zeigten, dass eine Änderung des Wahlrechts vor allem Berlusconis Koalition helfen dürfte, die zurzeit in den Umfragen deutlich hinter den Oppositionsparteien zurückliegt.
Die Wahlrechtsreform ist auch innerhalb von Berlusconis Koalition umstritten. Die christdemokratische UDC gilt als treibende Kraft hinter der Reform; sie verspricht sich deutliche Zugewinne. Die rechtspopulistische Lega Nord dagegen lehnt das Projekt ab. Sie wäre durch das Verhältniswahlrecht benachteiligt, da sie nur in bestimmten Regionen Norditaliens antritt. Außerdem fürchtet sie, an der Vier-Prozent-Hürde zu scheitern, die im Zuge der Reform ebenfalls eingeführt werden soll. Auch der Koalitionspartner Nationale Allianz steht der Reform skeptische gegenüber. Die Opposition hofft, bei der Abstimmung gegen Ende der Woche auf Abweichler in der Koalition, die die Reform zu Fall bringen könnten.