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ITA: Berlusconis Vertraute unter Beschuss

Bestechung: Am Dienstag begann der Berufungsprozess gegen Cesare Previti, Ex-Verteidigungsminister und Berlusconis Rechtsanwalt. Gesundheitsminister Girolamo Sirchia gerät dito ins Kreuzfeuer der Kritik.

In Mailand hat der Berufungsprozess gegen Cesare Previti, Italiens ehemaligen Verteidigungsminister und den langjährigen Rechtsanwalt von Regierungschef Silvio Berlusconi, begonnen. Der Senator der Berlusconi-Partei Forza Italia war im April 2003 wegen Richterbestechung erstinstanzlich zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Nach Ansicht des Gerichts hatte Previti in den 1980er und 1990er Jahren einige römische Untersuchungsrichter bestochen, um wichtige Prozesse zu gewinnen.

Auch sechs der sieben Mitangeklagten Previtis waren zu Haftstrafen zwischen viereinhalb Monaten und 13 Jahren verurteilt worden, ein Richter wurde freigesprochen. Die Mailänder Staatsanwaltschaft hatte für Previti 13 Jahre Haft beantragt. Previti beteuert seine Unschuld und sieht sich wegen seiner Freundschaft mit Berlusconi von der Justiz verfolgt.

Zentraler Punkt der Anklageschrift ist die Causa IMI-SIR. Der Unternehmer Nino Rovelli hatte die Staatsholding IMI verklagt, weil er sie für den Bankrott seines Unternehmens SIR verantwortlich machte. Der Staat habe, wie Rovelli meinte, für die Übernahme des heruntergewirtschafteten Unternehmens zu wenig bezahlt. Der Unternehmer, der vor Gericht von Previti als Anwalt vertreten wurde, bekam wider Erwarten Recht. Jetzt erklären die Mailänder Ermittler, das Urteil sei nur deshalb so ausgefallen, weil Previti die zuständigen Richter – den Chef der römischen Staatsanwaltschaft, Renato Squillante, die Richter Attilio Pacifico und Giovanni Acampora – bestochen hatte.

Das gleiche Muster zeigte sich laut dem Mailänder Gericht bei der richterlichen Entscheidung zum Verlagshaus Mondadori. Berlusconi und Carlo De Benedetti, Verleger und Inhaber der Espresso-Gruppe lieferten sich Anfang der 1990er Jahre eine Übernahmeschlacht um den Verlag. Nachdem Mondadori bereits De Benedetti zugesprochen worden war, wendete sich die Lage in zweiter Instanz überraschend zu Berlusconis Gunsten. Auch dies ist nach Einschätzung der Mailänder Staatsanwälte den illegalen Praktiken von Previti zu verdanken. Berlusconi war in diesem Fall zunächst selbst wegen Bestechung angeklagt gewesen, wurde jedoch wegen Verjährung freigesprochen.

Previti war im November 2003 in einem weiteren Prozess wegen Richterbestechung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. In diesem Verfahren ging es um angebliche Schmiergelder, die Berlusconi und Previti in den 80er Jahren an römische Richter bezahlt haben sollen, um eine günstige Entscheidung über den Verkauf des staatlichen Nahrungsmittelkonzerns SME zu erreichen. Berlusconi war in diesem Fall im Dezember vom Vorwurf der Richterbestechung freigesprochen worden.

Gesundheitsminister Girolamo Sirchia im Schmiergeld-Strudel

Italiens Gesundheitsminister Girolamo Sirchia, gegen den ermittelt wird, soll laut Medienberichten in wenigen Tagen vernommen werden. Er wird beschuldigt, von einer US-Firma Schmiergeld für Aufträge zur Ausstattung von Spitälern bekommen zu haben.

Italienische Zeitungen nannten am Dienstag einen Einzelbetrag von umgerechnet mehr als 5©000 Euro, der im Jahr 2000 gezahlt worden sei. Der Termin der Vernehmung des Ministers wurde noch nicht festgesetzt.

Sirchia, der seit 2001 als parteiunabhängiger Experte dem Kabinett von Ministerpräsident Silvio Berlusconi angehört, bestreitet die Vorwürfe. Er wisse nichts von solchen Schecks, sagte er.

Die Ermittlungen wurden im September eingeleitet. Sie richten sich gegen 30 Personen; fünf davon wurden unter Hausarrest gestellt. Zu ihnen zählte auch der Ex-Leiter des Mailänder Spitals Niguarda, eines der grössten in der lombardischen Metropole, Francesco Mercurial.

Mercurial tötete sich im Oktober mit einem Messerstich in die Brust, während er sich in seiner Wohnung in Mailand unter Hausarrest befand. Der angesehene Arzt galt als Schlüsselfigur in einem ausgedehnten Skandal um die Zahlung von Schmiergeldern bei der Lieferung medizinischer Geräte an das Spital.

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