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Israilov-Prozess: Dreimal "lebenslang" gefordert

Mit den Schlussvorträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung ist am Mittwoch der Prozess um den 2009 in Wien erschossenen Umar Israilov abgeschlossen worden. Das Urteil wird nicht vor 18 Uhr erwartet.
Urteile im Prozess erwartet

Mit den Schlussvorträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung ist am Mittwoch der Prozess um den am 13. Jänner 2009 auf offener Straße in Wien-Floridsdorf erschossenen tschetschenischen Asylwerber Umar Israilov abgeschlossen worden. Staatsanwalt Leopold Bien forderte im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts für die drei Angeklagten jeweils lebenslange Haft: “Das Beweisverfahren hat eindrucksvoll ergeben, dass sie genau das getan haben, was ihnen zur Last gelegt wird.”

Die Anklagebehörde geht davon aus, dass ursprünglich geplant war, den 27 Jahre alten Israilov gewaltsam nach Tschetschenien zu verbringen, nachdem dieser gegen den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow ein Verfahren wegen Folter-Vorwürfen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in die Wege geleitet hatte. Als die Entführung scheiterte – Israilov wehrte sich heftig, als er überwältigt werden sollte -, “war das sein Todesurteil”, stellte der Staatsanwalt fest.

Der Erstangeklagte Otto K. sei zwar nicht unmittelbar am blutigen Geschehen beteiligt gewesen, habe die Tat jedoch geplant und in den Stunden zuvor mit sämtlichen daran Beteiligten unentwegt telefoniert. Bien bezeichnete den 42-Jährigen, der ein enger Vertrauter von Kadyrow gewesen sein soll, als “die Spinne im Kommunikationsnetz”. Eine “Fülle an Indizien” könne nur dazu führen, Otto K. in sämtlichen Anklagepunkten – Beteiligung am Mord, Überlieferung an eine ausländische Macht und Bildung einer kriminellen Organisation – schuldig zu sprechen.

Auch für den Zweit- und Drittangeklagten begehrte Bien Schuldsprüche: Suleyman D. (37) habe Israilov wochenlang ausspioniert, sich am Tatort befunden und die verbrecherischen Pläne mitgetragen. Turpal-Aliy Y. (32) wiederum habe Israilov gemeinsam mit dem flüchtigen Letscha B. verfolgt, “in die Enge getrieben” und zu überwältigen versucht. Die tödlichen Schüsse soll laut Anklage Letscha B. abgegeben haben, der sich danach ins Ausland absetzen und somit seiner Festnahme entziehen hatte können.

“Es liegt an Ihnen, ob Sie es zulassen, dass in Österreich politische Morde begangen werden können”, gab der Staatsanwalt den Geschworenen zu bedenken. Die Höchststrafen hielt Bien deshalb für angebracht, “weil ein Mord aus dem politischen Motiv, einen Abtrünnigen für immer zum Schweigen zu bringen, ganz verwerflich ist”.

Die Verteidiger der drei Angeklagten widersprachen dem Staatsanwalt teilweise heftig und forderten Freisprüche. “Man kann als Staatsanwalt nicht sagen, das Beweisverfahren war eindeutig. Eindeutig war da gar nix. Es gibt in diesem Verfahren überhaupt keinen Beweis”, betonte Peter Philipp, der Rechtsvertreter von Turpal-Ali Y. Sein Mandant sei “so a Würschtl, a Süchtiger”, der unter keinen Umständen zur Umsetzung eines Mordkomplotts tauge. Auch die beiden anderen Angeklagten wären “Dilettanten und doch keine Profis”.

Die Anklage beruhe auf “Wahrscheinlichkeiten, Vermutungen und Konstruktionen”, meinte Verteidiger Rudolf Mayer, der Otto K. vertritt. Man könne seinem Mandanten nichts nachweisen, “außer dass er telefoniert hat”. Dabei kenne die Staatsanwaltschaft nicht einmal den Inhalt dieser Gespräche. “Die haben nur telefoniert, weil ihnen fad war”, sagte Mayer.

Die Geschworenen erhielten um 13.00 Uhr die Rechtsbelehrung durch den vorsitzenden Richter Friedrich Forsthuber. Anschließend zogen sie sich zur Beratung zurück. Mit den Urteilen war nicht vor 18.00 Uhr zu rechnen.

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