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Israel wehrte mit US-Hilfe massiven Luftangriff des Iran ab

Mehr als 300 Drohnen und Raketen seien auf Israel abgefeuert worden.
Mehr als 300 Drohnen und Raketen seien auf Israel abgefeuert worden. ©Reuters; Canva

Der Iran hat in der Nacht auf Sonntag erstmals Israel direkt angegriffen. Mehr als 300 Drohnen und Raketen seien auf Israel abgefeuert worden, teilte Armeesprecher Daniel Hagari am Sonntag in der Früh mit.

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Region werde "in Eskalation gedrängt"

Hagari bezeichnete das Vorgehen des Iran als "sehr schwerwiegend". Die Region werde dadurch in eine Eskalation gedrängt. Der Armeesprecher äußerte sich bedeckt zur Antwort Israels. Weitere Maßnahmen würden diskutiert, sagte er. Die Streitkräfte seien weiterhin voll einsatzfähig. Sowohl Israel als auch Jordanien öffneten am Sonntag in der Früh ihren Luftraum wieder.

Hagari hatte schon in der Nacht berichtet, dass unter den Geschoßen auch Dutzende Boden-Boden-Raketen seien. "Die große Mehrheit der Raketen wurde von unserer Raketenabwehr noch außerhalb der Grenzen Israels abgefangen." Nur eine kleine Anzahl von Raketen sei auf israelischem Gebiet eingeschlagen. Dabei sei ein Mädchen verletzt worden. Außerdem wurde Hagari zufolge eine Militärbasis im Süden des Landes getroffen und leicht beschädigt. Israelische Kampfflugzeuge hätten mehr als zehn iranische Marschflugkörper außerhalb des israelischen Staatsgebiets abgefangen.

Kurze Zeit später teilte der israelische Heimatschutz mit, dass sich die Einwohner im Norden und Süden des Landes nicht mehr in der Nähe von Schutzräumen aufhalten müssen. Ob dies das Ende des Angriffs signalisierte, war zunächst unklar. Verteidigungsminister Yoav Gallant sagte am Sonntag in der Früh, Israel habe eine erste große Welle von Drohnen- und Raketenangriffen abgewehrt. Die Konfrontation sei aber noch nicht vorbei, fügte er hinzu. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu erklärte auf dem Kurznachrichtendienst X: "Wir haben abgefangen, wir haben abgewehrt, zusammen werden wir gewinnen."

US-Unterstützung für Israel: Biden zieht rote Linie

US-Präsident Joe Biden teilte am späten Samstagabend (Ortszeit) mit, dass der iranische Angriff auch wegen der Beteiligung von Kampffliegern und Zerstörern der USA ein Misserfolg gewesen sei. "Wir haben Israel dabei geholfen, praktisch alle einfliegenden Drohnen und Raketen abzufangen", betonte er. Aus US-Regierungskreisen war zuvor verlautet, dass die US-Streitkräfte "Dutzende" iranische Geschoße aus der Luft geholt hätten. Die USA sind mit zahlreichen Stützpunkten in der Region präsent, unter anderem mit 2.400 Soldaten im westlichen Nachbarland des Iran, Irak. Im Vorfeld der Attacke hatte das US-Militär seine Präsenz in der Region noch verstärkt.

Biden äußerte sich nach einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu. Auch Verteidigungsminister Lloyd Austin telefonierte mit seinem Amtskollegen Gallant und betonte, dass das Land weiterhin auf "volle Unterstützung" bei seiner Verteidigung gegen Angriffe durch den Iran und seine Verbündeten zählen könne. Gallant und Austin lobten in dem Gespräch die "außerordentlichen Verteidigungsmaßnahmen" und die "starke Zusammenarbeit" bei der Abwehr des iranischen Angriffs.

Biden zog im Gespräch mit Netanyahu aber auch eine "rote Linie", wie der US-Nachrichtensender CNN berichtete. Demnach würden sich die USA an keinen offensiven Militäraktionen gegen den Iran beteiligen. Laut dem US-Sender NBC hatte Biden die Befürchtung geäußert, von Netanyahu in den Konflikt hineingezogen zu werden. Netanyahu hatte am Samstagabend klar gemacht, dass es eine Vergeltung geben werde. Verteidigungsminister Gallant hatte erst am Freitag gesagt, dass ein direkter Angriff des Iran "eine angemessene israelische Antwort gegen den Iran erfordern" werde. Der israelische Fernsehsender Channel 12 berichtete unter Berufung auf einen Regierungsbeamten, dass es eine "bedeutende Antwort" auf den Angriff geben werde. Generalstabschef Herzi Halevi führe im Einsatzzentrum der Luftwaffe eine Lagebeurteilung durch, teilte das Militär in der Nacht mit.

Der Iran stellte den Angriff auf Israel als angemessene Reaktion für die Tötung von zwei iranischen Generälen bei einem Luftangriff auf die Botschaft Teherans in Syrien Anfang April dar und warnte Israel vor einem erneuten Gegenschlag. "Die Angelegenheit kann als abgeschlossen betrachtet werden. Sollte das israelische Regime jedoch einen weiteren Fehler begehen, wird die Reaktion Irans deutlich härter ausfallen", teilte die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen am Samstag (Ortszeit) in New York auf der Plattform X mit. Die USA wiederum müssten sich aus dem Konflikt heraushalten, wurde in der Botschaft betont. Die iranischen Revolutionsgarden richteten eine scharfe Drohung an die USA. "Jede Unterstützung und Beteiligung an der Beeinträchtigung der Interessen Irans" werde eine "entschiedene Reaktion der Streitkräfte der Islamischen Republik Iran nach sich ziehen", hieß es in einer Erklärung der Revolutionswächter, die in der Nacht zu Sonntag im Staatsfernsehen verlesen wurde.

Iranische Reaktion und internationale Verurteilung

Zeitgleich mit dem iranischen Luftangriff auf Israel führten auch die Hisbollah-Miliz im Libanon sowie die Houthi-Rebellen im Jemen Angriffe gegen israelische Ziele. Die mit dem Iran verbündete Hisbollah feuerte innerhalb weniger Stunden zwei Raketensalven auf Israel ab, wie sie am Sonntag in der Früh mitteilte. Binnen weniger Stunden habe sie wiederholt "dutzende Raketen vom Typ Katjuscha" auf drei israelische Militärstützpunkte auf den besetzten Golanhöhen abgefeuert.

Die auf maritime Sicherheit spezialisierte Firma Ambrey erklärte unterdessen, die Houthi-Rebellen hätten "in Abstimmung mit dem Iran" Drohnen in Richtung Israel abgefeuert. Mögliche Ziele seien Häfen, teilte das Unternehmen mit. Es warnte vor "Kollateralschäden" für die Schifffahrt. Im Kibbutz Snir im Norden Israels nahe der Grenze zum Libanon wurden in der Nacht die Alarmsirenen ausgelöst, wie die israelische Armee mitteilte.

Auch aus dem kurdischen Nordirak wurden Explosionen gemeldet. Augenzeugen und kurdischen Medien zufolge gingen in der Nacht zum Sonntag rund 20 Raketen in der Provinz Erbil nieder, wo unter anderem ein US-Konsulat und eine US-Militärbasis liegen. An dem Konsulat seien Warnsirenen zu hören gewesen. Der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge wurde auch in Syrien, das mit dem Iran verbündet ist, die Luftabwehr aktiviert.

Weitere Angriffe und internationale Besorgnis

International wurde der iranische Angriff scharf verurteilt, unter anderem von Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP). UNO-Generalsekretär António Guterres äußerte die Furcht vor einer katastrophalen Zuspitzung im Nahost-Konflikt. Auf Ersuchen Israels sollte der UNO-Sicherheitsrat am Sonntagnachmittag (16 Uhr Ortszeit, 22 Uhr MESZ) zu einer Sitzung zusammenkommen.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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