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Israelisches Siedler-Gesetz löste Kritik und Jubel aus

Die Verabschiedung eines Gesetzes zur nachträglichen Legalisierung israelischer Siedlungen im Westjordanland hat harsche Kritik bei Palästinensern sowie Jubel bei rechtsreligiösen Israelis ausgelöst. "Ein solches Gesetz ist ein Signal für die endgültige Annexion des Westjordanlandes", sagte die palästinensische Politikerin Hanan Ashrawi laut einer in der Nacht veröffentlichten Mitteilung.

Der israelische Bildungsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei lobte dagegen die Entscheidung auf Twitter und sprach von einem “Wendepunkt”. Das israelische Parlament hatte am Montagabend das umstrittene Gesetz gebilligt, mit dem Siedlerwohnungen auf palästinensischem Privatland rückwirkend legalisiert werden. Dies betrifft rund 4.000 Wohnungen, die widerrechtlich auf privaten Grundstücken von Palästinensern gebaut wurden.

grafikisrael
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Ultrarechte Politiker wollen damit weitere Räumungen wilder Siedlungen verhindern. Das Gesetz sieht eine Entschädigung der palästinensischen Besitzer vor. Israels höchstes Gericht könnte das Gesetz noch kippen.

Israel hat 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Seither kontrolliert es die Gebiete weitgehend. Zwischen rund 2,9 Millionen Palästinensern leben dort mittlerweile rund 600.000 Israelis. Die Siedlungen gelten international als ein Hindernis für eine Zwei-Staaten-Lösung, bei der neben Israel ein Staat Palästina entstehen soll.

Besiedlung “ein für alle Mal regeln”

Das Gesetz betrifft nach Angaben der Knesset zunächst 16 Siedlungen und Außenposten im Westjordanland. Es ermögliche dem Staat, palästinensisches Privatland, auf das israelische Siedler “unwissentlich oder auf Anweisung des Staates” Häuser gebaut haben, als staatlichen Besitz zu konfiszieren. Die rechtmäßigen Eigentümer dürften es dann bis zu einer endgültigen Entscheidung über den künftigen Status der Gebiete nicht mehr nutzen. Sie sollten aber mit einer jährlichen Gebühr entschädigt werden, oder soweit möglich mit einem alternativen Grundstück.

Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte gesagt, man wolle mit dem Gesetz die Besiedlung des Westjordanlandes “ein für alle Mal regeln”. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump im vergangenen Monat hat Israel bereits den Bau von rund 6.000 neuen Siedlerwohnungen und einer ganz neuen Siedlung angekündigt.

Rechtsprofessor Yuval Shani von der Hebräischen Universität in Jerusalem erwartet zumindest langfristig einen Stopp des Gesetzes durch das höchste Gericht in Jerusalem. “Das Gesetz verletzt grundlegende Rechte”, sagte Shani am Dienstag. “Das Gericht wird das Gesetz vermutlich für untauglich erklären.” Es greife in Eigentumsrechte ein und sei diskriminierend, weil es den Landtransfer nur von Palästinensern zu Juden reguliere.

Petition gegen Regelung angekündigt

Die Nichtregierungsorganisationen Peace Now, Yesh Din und ACRI kündigten an, in Kürze eine Petition gegen die Regelung beim höchsten Gericht einzureichen. “Ich denke, unsere Chancen stehen gut, weil das Gesetz rechtswidrig ist”, sagte Peace-Now-Sprecherin Anat Ben Nun.

Der israelische Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit betonte, dies sei das erste Mal, dass Israels Gesetzgebung explizit die Unterstützung der Regierung für die Siedlungen bekräftige. Das Gesetz verstoße gegen israelisches und internationales Recht. Er äußerte auch die Sorge, das Gesetz könne Munition liefern für Klagen gegen Israelis vor dem Internationalen Strafgerichtshof.

Die palästinensische Politikerin Ashrawi sagte, das Gesetz beweise, dass Premier Netanyahu und “seine extremistische, rassistische Regierungskoalition bewusst das Gesetz brechen und die Grundlagen der Zwei-Staaten-Lösung und die Chancen auf Frieden und Stabilität zerstören”. Alle Siedlungen seien illegal. PLO-Generalsekretär Saeb Erekat sagte, dies sei das “Ende der Zwei-Staaten-Lösung” in Nahost.

Türkei verurteilt Legalisierung

Die Türkei kritisierte das Gesetz. Das Außenministerium in Ankara erklärte am Dienstag, es verurteile aufs Schärfste die Legalisierung “mehrerer Siedlungen aus 4.000 Wohneinheiten, die auf dem privaten Besitz der Palästinenser errichtet wurden”. Diese “inakzeptable” Entscheidung widerspreche den Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats und zerstöre “die Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung”.

Die US-Regierung bezog zunächst nicht Stellung. Das Gesetz werde vermutlich noch von den zuständigen Gerichten überprüft, daher werde US-Präsident Donald Trump “bis zu einer Gerichtsentscheidung” jeglichen Kommentar vermeiden, sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums am Montag der Nachrichtenagentur AFP.

(APA/dpa/ag.)

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