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Israelische Armee rückt in Gaza ein

Mit Unterstützung von Kampfhubschraubern ist die israelische Armee in der Nacht zum Donnerstag mit etwa 20 Panzern in die Innenstadt von Gaza eingedrungen.

Am frühen Morgen zog sich die Armee nach Angaben palästinensischer Augenzeugen in eine benachbarte israelische Siedlung zurück. Die Armee hatte zuvor rund 200 Meter neben dem Wohnhaus des Gründers der radikalislamischen Hamas-Bewegung, Scheich Ahmed Yassin, Stellung bezogen und das nahe gelegene Gebäude des palästinensischen Fernsehens mit Panzergranaten beschossen.

Aus israelischen Armeekreisen hieß es, es habe sich um eine „Operation von nicht außergewöhnlichem Umfang“ gehandelt. Nach einem Bericht der britischen BBC zogen sich die Truppen nach mehreren Festnahmen am Morgen wieder zurück.

Mindestens drei palästinensische Polizisten seien verletzt worden, als die Armee von den Panzern und insgesamt drei Kampfhubschraubern aus das Feuer eröffnete, berichteten Augenzeugen. Palästinensische Polizisten flohen mit mehreren Häftlingen aus einer nahe gelegenen Polizeistation. Scheich Yassin, der geistige Führer der Hamas, hatte wiederholt Anschläge der radikalislamischen Organisation gerechtfertigt.

Als Vergeltung für einen palästinensischen Überfall auf einen Kibbuz in Nordisrael, bei dem in der Nacht zum Montag fünf Menschen getötet worden waren, hatte die Armee bereits am Mittwoch mit einem Großaufgebot von mehr als 100 Panzern die Stadt Nablus im Westjordanland und mindestens 30 Palästinenser festgenommen. Soldaten riegelten alle Eingänge zur Altstadt ab und begannen Haus-zu-Haus-Durchsuchungen.

Außerdem drangen sie in die dicht besiedelten Flüchtlingslager Balata und Askar ein. Über die 150.000 Einwohner wurde ungeachtet des Fastenmonats Ramadan eine Ausgangssperre verhängt. Für den Überfall auf den Kibbuz hatten die El-Aksa-Brigaden, der bewaffnete Arm von Palästinenserpräsident Yasser Arafats Fatah-Bewegung, die Verantwortung übernommen.

Im südlichen Gazastreifen wurde am Mittwoch ein dreijähriger palästinensischer Bub getötet, als israelische Panzer das Wohnhaus seiner Familie in der Stadt Rafah beschossen. Bei dem Granateneinschlag sei die Mutter des Kleinkindes schwer verletzt worden, teilten die Gesundheitsbehörden am Abend mit. Der Bub ist das dritte Kind, das innerhalb der vergangenen zwei Tage in Rafah unter ähnlichen Umständen ums Leben gekommen ist.

Eine Armee-Sprecherin sagte nach israelischen Medienberichten, israelische Panzer seien mit Panzerfäusten angegriffen worden. Die Panzer hätten jedoch nicht zurückgeschossen. Über palästinensische Opfer der Militäraktion in Gaza lägen der Armee keine Informationen vor.

Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon bekräftigte am Mittwochabend seine prinzipielle Unterstützung für die Gründung eines palästinensischen Staates. Auf die Frage, ob eine solche Staatsgründung eine „vollendete Tatsache“ sei, entgegnete Sharon im israelischen Privatfernsehen: „Ja.“ Alle Organe eines Staates seien vorhanden: ein Präsident, eine Regierung und Minister. Israel werde „letzten Endes zu einem Friedensvertrag gelangen, weil dies die wahre Antwort auf die wirtschaftliche Situation“ sei, sagte Sharon.

Israel leidet derzeit unter der schwersten Wirtschaftskrise seit seiner Gründung 1948. Außenminister Benjamin Netanyahu, der Sharon die Spitzenkandidatur bei den Parlamentswahlen im kommenden Jänner streitig macht, hatte sich wiederholt gegen einen unabhängigen Palästinenserstaat ausgesprochen.

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