Laut einem israelischen Militäroffizier bot die palästinensische Autonomiebehörde über Vermittler an, den Raketenangriffen militanter Palästinenser auf israelische Grenzstädte ein Ende zu setzen, wenn Israel im Gegenzug die Offensive einstelle. Ein hochrangiger palästinensischer Beamter erklärte jedoch, er wisse nichts von solchen Kontakten.
Der palästinensische Präsident Yasser Arafat hatte die militanten Gruppen am Montagabend indirekt aufgerufen, den Raketenbeschuss auf israelische Grenzorte einzustellen. Ich rufe alle Gruppen auf, die palästinensischen Interessen über alles zu stellen und der Besatzung keinen Vorwand gegen uns zu geben, sagte Arafat in einer Rundfunkansprache. Die Militäroffensive war am vergangenen Mittwoch nach dem Tod zweier israelischer Kinder bei einem Raketenangriff auf die Grenzstadt Sderot eingeleitet worden.
Arafat stellte am Dienstag seinen Rücktritt in Aussicht gestellt, sobald der freie und souveräne Staat Palästina gegründet sei. Ich bin bereit, ein zweiter Mandela zu werden, sagte Arafat in einem Interview mit der in London erscheinenden arabischen Tageszeitung Asharq Al-Awsat. Seine Worte bezogen sich auf den südafrikanischen Menschenrechtskämpfer Nelson Mandela, der bei den ersten Wahlen nach Beseitigung des Apartheid-Systems im Jahr 1994 Präsident seines Landes wurde.
Der von den Vereinten Nationen, den USA, der EU und Russland ausgearbeitete Nahost-Friedensplan – die so genannte Road Map – sieht den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten, den Abschluss von Sicherheitsabkommen zwischen Israel und der Palästinenserbehörde sowie die Errichtung eines Palästinenserstaates vor. Auf diesen angesprochen, sagte Arafat in dem Interview: Zunächst übernehme ich die Präsidentschaft. Dann lege ich sie nieder, um sie jemandem anderen zu überlassen. Er ging allerdings nicht darauf ein, wie viel Zeit zwischen der Errichtung der Palästinenserstaates und der von ihm angekündigten Amtsniederlegung liegen würde.
In New York bemühten sich Vertreter der Autonomiebehörde und der arabischen Staaten unterdessen um eine Verurteilung der Militäroffensive durch den UNO-Sicherheitsrat. Über eine entsprechende Resolution sollte noch am Dienstag abgestimmt werden, erklärten arabische Diplomaten. Der amerikanische UN-Botschafter John Danforth kritisierte, eine weitere UN-Resolution sei keine Lösung.
Die Militäraktion im Gazastreifen hat seit Mittwoch vergangener Woche mindestens 68 Palästinenser und drei Israelis das Leben gekostet. Erst am Dienstagmorgen wurde bei einem israelischen Luftangriff im Flüchtlingslager Jabaliya erneut ein bewaffneter Palästinenser getötet und drei weitere verletzt. Nach palästinensischen Angaben schoss eine unbemannte Drohne eine Rakete auf die Gruppe ab. Nach Angaben von Krankenhausmitarbeitern waren fast die Hälfte der insgesamt 68 getöteten Palästinenser Zivilisten.
Im Westjordanland erschossen israelische Sicherheitsbeamte in Zivil am Montagabend zwei Mitglieder einer palästinensischen Eliteeinheit. Palästinensischen Sicherheitskräften zufolge griffen die Israelis in der Stadt Ramallah ein parkendes Auto an und erschossen zwei Insassen. Ein dritter Angehöriger der Eliteeinheit Force 17, der aus einem nahe gelegenen Geschäft zu dem Wagen zurückkehrte, sei angeschossen und verschleppt worden. Laut dem israelischen Militärrundfunk wurde bei dem Vorfall auch ein israelischer Soldat getötet. Die israelischen Streitkräfte erklärten, das Geheimkommando habe einen Hamas-Aktivisten gejagt, als es zu der Schießerei gekommen sei.
Israelische Soldaten erschossen in der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten eine junge Palästinenserin. Das Armeehauptquartier in Tel Aviv teilte mit, eine junge Frau sei in das Sperrgebiet entlang des Grenzstreifens eingedrungen und habe einen schweren Gegenstand neben einem Wachposten abgelegt. Als sie flüchtete, hätten Soldaten das Feuer eröffnet. Dagegen teilte ein palästinensisches Krankenhaus in Rafah mit, Soldaten hätten eine unbewaffnete 13-jährige in Schuluniform getötet, als sie sich auf dem Weg zur Schule einem Wachposten genähert habe. Die Leiche weise etwa 20 Einschüsse auf.