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Israel: Sharon droht mit härterem Kurs

Israels Ministerpräsident Ariel Sharon hat auch der neuen Palästinenser-Führung vorgeworfen, nicht gegen gewalttätige Extremisten vorzugehen, und ein härteres Vorgehen der Armee gegen radikale Palästinenser angedroht.

„Trotz des Wechsels in der palästinensischen Führung müssen wir weiter auf Taten gegen den Terror warten“, sagte Sharon am Sonntag. „Die israelischen Militär- und Sicherheitseinrichtungen wurden angewiesen, ohne Einschränkung alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen.“ In israelischen Medien hieß es, die Armee könne eine Wiederaufnahme der gezielten Tötungen führender Extremisten erwägen und im Gaza-Streifen Sicherheitspuffer einrichten, um Angriffe auf Israel und jüdische Siedlungen zu verhindern.

Die Ankündigung Israels wurde von palästinensischer Seite scharf kritisiert. „Während Abbas alles unternimmt, um auf den Weg zum Frieden zurückzukehren, erklärt Sharon eine militärische Eskalation“, sagte Außenminister Nabil Shaath. „Sharon wird sagen, Abbas folge dem Kurs von Yasser Arafat, und nicht mit ihm zusammenarbeiten.“ Ägyptens Präsident Hosni Mubarak rief Sharon am Sonntag dazu auf, den Friedensprozess weiter zu verfolgen und mit den Palästinensern zu verhandeln.

Der Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas (Abu Mazen) werde am Mittwoch in den Gaza-Streifen fahren, um „die Gespräche für den Frieden wieder aufzunehmen“, sagte Shaath weiter. Abbas werde Druck auf militante Gruppen ausüben, damit diese sich auf eine Waffenruhe mit Israel einließen und an den für den 17. Juli geplanten Parlamentswahlen teilnähmen. „Wir müssen es versuchen. Wenn wir bereit sind, mit unseren Besatzern zu sprechen, sollten wir dann etwa nicht mit unseren Brüdern reden? Wir müssen weitermachen. Das ist keine leichte Aufgabe“, sagte Shaath.

In seiner Antrittsrede am Samstag hatte Abbas seinen Willen zu einem „gerechten Frieden“ mit Israel unterstrichen. Nur ein beiderseitiger Waffenstillstand könne den „Teufelskreis“ von Gewalt und Gegengewalt durchbrechen. In den Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern solle „eine neue Seite aufgeschlagen werden“. Der 69-jährige PLO-Chef war am vergangenen Sonntag mit großer Mehrheit zum Nachfolger des vor zwei Monaten verstorbenen Palästinenserpräsidenten Yasser Arafat gewählt worden. Er beauftragte Ministerpräsident Ahmed Korei erneut mit der Regierungsbildung.

Israel zeigte sich „enttäuscht“ über Abbas’ Rede. Mit seinen „vieldeutigen Erklärungen“ habe der neue Palästinenserpräsident dem „Terrorismus“ nicht den Kampf angesagt, kritisierte Regierungssprecher Avi Pazner.

Der Chef der Extremisten-Gruppe Islamischer Dschihad, Scheich Nafez Assam, forderte unterdessen einen Stopp der Gewalt von israelischer Seite. Man könne nicht über eine Waffenruhe sprechen, wenn es weiter Angriffe gegen militante Palästinenser gebe. Zuvor hatte auch die radikale Palästinenserorganisation Hamas Abbas’ Aufruf zum Waffenstillstand zurückgewiesen. Der bewaffnete Kampf sei die einzige Möglichkeit einer „Nation unter Besatzung“, sich zu verteidigen, sagte ein Hamas-Sprecher.

Nach einem palästinensischen Anschlag am Donnerstag, bei dem drei palästinensische Selbstmordattentäter sechs Israelis an einem Grenzposten getötet hatten, hatte Israel alle Kontakte zur Regierung der Palästinenser eingefroren. Am Samstag – dem Tag der Amtseinführung Abbas’ – hatte die israelische Armee bei Einsätzen im Gaza-Streifen acht Palästinenser getötet. Auch am Sonntag gingen die Angriffe weiter. Militante Palästinenser feuerten zwei Raketen auf den Süden Israels ab. Die israelische Luftwaffe gab bekannt, drei Raketenwerfer im nördlichen Gaza-Streifen zerstört zu haben. Israels stellvertretender Verteidigungsminister Zeev Boim warnte daraufhin, sollte Abbas den Terrorismus nicht zerstören, werde der Terrorismus ihn vernichten.

Frankreichs Präsident Jacques Chirac lud Abbas am Sonntag ein, so bald wie möglich zu Gesprächen nach Paris zu kommen. Ein Sprecherin des Präsidenten bestätigte auch, dass Außenminister Michel Barnier „wahrscheinlich Anfang Februar“ Israel und die Palästinenser-Gebiete besuchen werde.

Unterdessen nahm auch der internationale Druck auf Abbas zu, den militanten Kräften Einhalt zu gebieten. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und US-Außenminister Colin Powell riefen zu einem entschiedenen Vorgehen auf. Den von Sharon verfügten einseitigen Abbruch aller Kontakte zu Abbas kommentierte Powell mit den Worten: „Ich hoffe, das ist nur vorübergehend.“

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