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Israel: Positive Signale nach Wahlsieg von Abbas

Zwei Tage nach den palästinensischen Präsidentenwahlen, bei denen die Nachfolge des verstorbenen Präsidenten Yasser Arafat geregelt wurde, sind positive Signale aus Israel gekommen.

Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon gratulierte PLO-Chef Mahmud Abbas (Abu Mazen) am Dienstag telefonisch zu seinem Sieg bei der Präsidentenwahl. Zuvor hatte der israelische Präsident Moshe Katzav Abbas zu seinem Wahlsieg beglückwünscht. Katzav habe in dem Telefonat seine Hoffnung auf ein baldiges Treffen geäußert, verlautete aus israelischen Quellen.

Der israelische Premier Sharon habe Abbas angerufen und ihm Erfolg in seinem Amt gewünscht, teilte das Büro Abbas’ am Dienstag mit. Das Telefongespräch habe rund zwei Minuten gedauert. Zuvor hatte es im Büro des Ministerpräsidenten geheißen, Sharon werde Abbas um ein Treffen „in naher Zukunft“ ersuchen. Die Palästinenser hatten den 69-jährigen Abbas am Sonntag mit einer Mehrheit von 62,3 Prozent zum Nachfolger Arafats gewählt.

Ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums bestätigte, Israel sei bereit, beginnend mit Ramallah, die Kontrolle über die Städte im Westjordanland an die palästinensische Autonomiebehörde zurückzugeben. Die Verhandlungen sollten in den kommenden Tagen beginnen. Als Geste an den neuen Präsidenten will Israel nach Medienberichten den Abzug aus einigen palästinensischen Städten und die Übergabe der Sicherheitskontrolle anbieten. Bedingung sei die Bereitschaft von Abbas, entschlossen gegen militante Palästinenser vorzugehen. In diesem Fall wolle Israel palästinensischen Polizisten auch das Tragen von Waffen in den Städten erlauben.

Die israelische Zeitung „Yediot Ahronot“ berichtete, Israel erwäge zudem die Freilassung von palästinensischen Häftlingen, um Abbas zu stärken. Ein erstes Treffen zwischen Sharon und Abbas solle vermutlich bereits in der kommenden Woche stattfinden. Sharon werde dabei von Abbas die Zügelung militanter Palästinenser fordern, die Israel vom Gaza-Streifen aus mit Kleinraketen beschießen. Am Tag nach dem Wahlsieg von Abbas schlugen am Dienstag in der Grenzstadt Sderot erneut drei Kassam-Raketen ein und richteten dort Sachschaden an.

US-Präsident George W. Bush machte unterdessen US-Hilfen für die Palästinenser und die Mission eines US-Nahost-Gesandten vom Handeln des neuen Präsidenten abhängig. „Taktische Entscheidungen wie Hilfspakete und Gesandte werden getroffen, wenn die Dinge Fortschritte machen“, sagte Bush dem „Wall Street Journal“ (Dienstag). Solange Abbas die Palästinenser zur Demokratie führe und den Dialog mit Israel suche, könne er mit US-Unterstützung rechnen. Die Wahl sei der „Beginn eines Staates“. Einen Zeitpunkt für eine USA-Reise von Abbas gibt es noch nicht. Dieser solle nach Washington kommen, wenn er den Eindruck habe, dass die Zeit dafür reif sei, sagte Bush-Sprecher Scott McClellan.

In Jerusalem trat das neue Kabinett zu seiner ersten Sitzung zusammen. Der Regierung aus rechtem Likud und sozialistischer Arbeiterpartei gehört nun auch Shimon Peres von der Arbeiterpartei an, der maßgeblich an den Oslo-Verträgen von 1993 beteiligt war.

Die EU hatte zuvor Abbas zum Sieg gratuliert. Der luxemburgische Außenminister und amtierende Ratsvorsitzende Jean Asselborn will in der kommenden Woche nach Jerusalem, Ramallah und Amman reisen und Gespräche mit der israelischen Regierung sowie mit der palästinensischen Autonomieverwaltung führen. Die gegenwärtig günstige Situation für den Friedensprozess müsse genutzt werden, sagte am Montagabend ein luxemburgischer Regierungsbeamter.

Die Gewalt dauerte unterdessen an. Militante Palästinenser griffen am Dienstag mehrere jüdische Siedlungen im Gaza-Streifen mit Raketen und Mörsergranaten an. Berichte über Verletzte lagen zunächst nicht vor. Wie ein Sprecher der Siedler sagte, barsten während des Morgengebets die Scheiben einer Synagoge. Auch in der israelischen Grenzstadt Sderot schlug eine Rakete ein. Nach Angaben von Rettungskräften wurden mehrere Gebäude und Fahrzeuge beschädigt. Zu den Angriffen bekannte sich die radikale Hamas-Bewegung.

Sharon und Abbas ringen mit Gegnern in den eigenen Reihen

Nach der Wahl von Mahmud Abbas zum Nachfolger Yasser Arafats erhofft sich die internationale Gemeinschaft Kompromisse für einen Frieden im Nahen Osten. Doch als neuer palästinensischer Präsident stößt Abbas in den Reihen seines Volkes auf Widerstände, sobald er Eingeständnisse an Israel durchsetzen will. Auch der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon ringt in seinem Land mit den politischen Hardlinern.

Sharons Plan, die jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen zu räumen, stößt seit Monaten auf harte Opposition. Diese kommt vor allem von den mehr als 230.000 Siedlern selber, die sich mit Demonstrationen und über ihre parlamentarischen Fürsprecher gegen den Abzug wehren. Rechtsgerichtete Kreise in Sharons eigener Likud-Partei werten einen Abzug der Siedlungen als Zeichen der Schwäche Israels und lehnen diesen deshalb strikt ab. Ihrer Ansicht nach kann der Abzug aus dem Gaza-Streifen nur Gegenleistung für Zugeständnisse der Palästinenser sein. Gleichzeitig steht für den Likud und alle weiteren Parteien des rechten Blocks fest, dass Jerusalem die ungeteilte Hauptstadt Israels ist.

Anhänger von Mahmud Abbas und seiner Fatah-Organisation fordern den Abzug der jüdischen Siedler aus allen besetzten Gebieten – nicht nur aus dem Gaza-Streifen. Sharons aktueller Plan, nur die 7000 Siedler aus dem Gaza-Streifen abzuziehen, wird von den Palästinensern als Trick angesehen. Die Fatah fordert Ost-Jerusalem als Hauptstadt Palästinas und die Autonomie des Tempelbergs.

Vor allem radikal-islamische Organisationen wie die Hamas-Bewegung, der Islamische Dschihad bis hin zur libanesischen Hisbollah-Miliz widersetzen sich den Rufen nach Einstellung der Angriffe auf israelische Ziele, die einen neuen Friedensdialog ermöglichen soll. Zwar hat der Sprecher der radikal-islamischen Hamas, Sami Abu Suhri, dem neuen palästinensischen Präsidenten Abbas eine Zusammenarbeit angeboten, doch Hamas attackierte danach weiter jüdische Siedlungen und israelische Militärposten.

Auch ein bewaffneter Flügel der Fatah-Organisation, die Al-Aksa-Brigaden, setzen ihre Anschläge und Selbstmordattentate auf Israelis fort. Die gewalttätige, wenn auch säkulare Gruppierung gehört zum partei-internen Widerstand gegen den von Abbas befürworteten Ausgleich mit Israel. Einige Gruppen der Al-Aksa-Brigaden streben aber nach einer Rückkehr in die Legalität, indem sie Teil der offiziellen Palästinenser-Polizei werden wollen.

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