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Israel: Peres will Gaza-Rückzug

Shimon Peres hat seinen 80. Geburtstag hinter sich und große politische Pläne vor sich. Zum Mittagessen im Konrad-Adenauer-Zentrum in Jerusalem begnügt er sich mit ein paar Stangen Spargel auf geräuchertem Lachs und zwei Gläsern roten Golanweins. „Israelische Politik ist reich an Inhalten, aber es mangelt ihr an Terminen“, klagt der Oppositionschef vor einem Kreis ausgewählter Journalisten. Der Rückzugsbeschluss aus Gaza könne zwar einseitig gefasst, aber nicht unilateral ausgeführt werden. „Wem sollen wir die Häuser der Siedler überlassen? Dafür brauchen wir einen Partner.“<p> 
 
Der Vorsitzende der Arbeiterpartei dementierte bei dieser Gelegenheit, den palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat für „verrückt“ oder „unzurechnungsfähig“ erklärt zu haben. Das sei nicht sein Stil. Arafat sei ein „Problem der Palästinenser“. Israel sollte den Ministerpräsidenten Ahmed Korei stärken, „zum Beispiel, indem wir ihm versprechen, die Siedlerhäuser zu übergeben.”<p> 
Peres führt Koalitionsverhandlungen mit Ministerpräsident Ariel Sharon, wenngleich der Arbeiterpartei dadurch nur Schaden erwachsen könne: „Gelingt der Rückzug, wird Sharon die Pluspunkte erhalten. Scheitert er, dann wären wir Teilhaber.“ Aber für den Oppositionsführer ist der Rückzug wichtig für Israel. Vorgezogene Neuwahlen schließt er aus, „weil es dafür keine Mehrheit gibt, und wir nur Zeit verlieren würden.“<p> 
 
Shimon Peres drängt darauf, den Rückzug schon innerhalb weniger Monate abzuschließen und nicht bis Mai 2005 zu warten. Die notwendigen Gesetze für eine Entschädigung der Siedler könnten schon innerhalb von zwei Wochen verabschiedet werden. In manchen Siedlungen, etwa im Westjordanland, warten die Siedler nur noch auf finanzielle Klarheit, erzählt Peres nach einem Besuch in Kadim und Ganim bei Jenin. Den Siedlern sollten finanzielle Kompensation oder ein alternatives Heim angeboten werden. „Und wer bleiben will, soll bleiben, aber unter palästinensischer Herrschaft. Der Staat Israel sollte nicht mobilisiert werden, weil da 400 Bauern Gewächshäuser mit Gastarbeitern aus Thailand betreiben.“<p> 
 
Der Widerstand des harten Kerns der Siedler werde „weniger schlimm als erwartet ausfallen“, behauptet der Veteran der israelischen Politik. „Gefahr gibt es nur, wenn die Mehrheit schwach wird, denn das stärkt den Extremismus.“ Die öffentliche Meinung werde die Extremisten zügeln.<p> 
 
Zu den Palästinensern sagt Peres, dass „sie schon längst einen Staat haben würden, wenn sie den Terror beendet hätten.“ Das Hauptproblem der israelischen Armee bei ihrem Vorgehen in den Palästinensergebieten sei die „Abwesenheit von Abkommen“. Eine Armee könne nur richtig im Rahmen von Verträgen handeln. Der Sperrwall sei wichtig, um klare Verhältnisse zu schaffen. Allerdings sollte der Zaun „entlang der Grünen Linie“ – der Grenze von 1967 – errichtet werden. Städte wie Ariel oder Maale Adomim vor den Toren Jerusalems, sowie der Siedlungsblock Gush Etzion, ursprünglich von der Arbeiterpartei im besetzten Gebiet geschaffen und gefördert, sollten „jenseits des Zaunes“ liegen.</RTE>

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