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Israel mit Bodentruppen in "heftigen Kämpfen" in Gaza

Israelische Soldaten getötet - Tunnelanlagen der Hamas aus der Luft attackiert.
Israelische Soldaten getötet - Tunnelanlagen der Hamas aus der Luft attackiert. ©APA/AFP
Zwei israelische Soldaten sind nach Angaben der Armee bei Kämpfen mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen getötet worden. Die Armee hatte zuvor mitgeteilt, dass Israel den Einsatz mit Bodentruppen im Gazastreifen vorantreibe.

Darum geht's:

  • Zwei israelische Soldaten im Gazastreifen getötet
  • Israelische Truppen auf dem Vormrasch im nördlichen Gazastreifen
  • Israelische Luftangriffe auf hunderte Ziele im Gazastreifen
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Innerhalb von 24 Stunden seien rund 300 Ziele angegriffen und Dutzende Terroristen getötet worden. Israelische Soldaten befänden sich in "verschiedenen Teilen des nördlichen Gazastreifens", sagte Armeesprecher Jonathan Conricus am Dienstag.

Israel weiter auf dem Vormarsch

Die beiden 20 Jahre alten Männer seien am Dienstag im Norden des Küstengebiets ums Leben gekommen, teilte das israelische Militär mit. Zwei weitere Streitkräfte wurden den Angaben nach bei den Gefechten schwer verletzt. Zuvor hatte Israels Armee "heftige Kämpfe" mit der Hamas "tief im" Gazastreifen gemeldet. In den vergangenen Stunden seien Dutzende Hamas-Kämpfer getötet worden, erklärte die Armee. Israelische Truppen hätten unter anderem Hamas-"Zellen" getroffen, die für den Abschuss von Panzerabwehrraketen verantwortlich gewesen seien, hieß es weiter. Zudem hätten sie zahlreiche Waffen sowie Sprengstoff beschlagnahmt.

Die Essedin-al-Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Hamas, berichteten ihrerseits, israelische Truppen im Gebiet Al-Tawam im Norden des Palästinensergebiets in einen Hinterhalt gelockt sowie das Feuer auf vorrückende Militärfahrzeuge eröffnet zu haben. Zuvor hatte Armeesprecher Conricus erklärt, in den Gazastreifen seien schwer gepanzerte Fahrzeuge, Panzer, gepanzerte Kampffahrzeuge und Bulldozer bewegt worden. Er verstehe, dass die humanitäre Situation in dem dicht besiedelten Küstenstreifen schwierig sei, sagte er. Dies sei jedoch nicht die Schuld der israelischen Armee.

Israelische Luftangriffe gehen weiter

Zudem führte die Armee am Dienstag eigenen Angaben zufolge Luftangriffe auf rund 300 Ziele im Gazastreifen aus. Darunter seien Raketenabschussrampen und "Militärstellungen in unterirdischen Tunneln der Terrororganisation Hamas" gewesen. "Terroristen" seien getötet worden.

Der palästinensische Rote Halbmond meldete israelischen Beschuss in der Nähe eines seiner Krankenhäuser im Norden des Gazastreifens, wo demnach rund 14.000 Zivilisten Schutz gesucht hatten. "Andauernde Artillerie- und Luftangriffe im Gebiet Tel al-Hawa im Gazastreifen, wo sich das al-Kuds-Krankenhaus befindet", teilte die Organisation mit. Israel wirft der Hamas vor, unter Krankenhäusern ihre "Kommandozentralen" versteckt zu haben und Zivilisten als "menschliche Schutzschilde" zu missbrauchen. Die Hamas weist dies zurück.

Bei israelischen Luftangriffen auf das Flüchtlingslager Jabalia im Gazastreifen wurden laut Krankenhausangaben mindestens 50 Palästinenser getötet. 150 weitere Palästinenser seien verletzt worden, sagte der Direktor des indonesischen Krankenhauses im Gazastreifen dem arabischen TV-Sender Al-Jazeera.

Israel will keine Waffenruhe

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hatte Forderungen nach einer humanitären Waffenruhe kategorisch ausgeschlossen. Eine Waffenruhe "wird es nicht geben", sagte er Montagabend. Unterstützung erhielt Israel von den USA, die eine unter anderem von der UNO geforderte Waffenruhe zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls ablehnten.

Eine solche Waffenruhe sei jedoch für "Millionen Menschen zu einer Frage von Leben und Tod geworden", sagte der Chef des UNO-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge UNRWA, Philippe Lazzarini. Er beklagte, dass die bisherige Hilfe bei weitem nicht ausreiche. "Die Handvoll Konvois, die über Rafah zugelassen wurden, ist nichts im Vergleich zu den Bedürfnissen von mehr als zwei Millionen Menschen, die in Gaza festsitzen", sagte Lazzarini. Nach seinen Worten wurden seit Beginn des Krieges 64 UNRWA-Mitarbeiter im Gazastreifen getötet.

Rafah liegt an der Grenze zwischen dem von der Hamas beherrschten Gazastreifen und Ägypten. Israel hatte als Reaktion auf den Großangriff der Palästinenserorganisation den Gazastreifen komplett abgeriegelt. Dort fehlt es nach UNO-Angaben an Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten.

Er habe das Gefühl, "dass es extrem langsam geht und die Arbeit der UNRWA gestört wird", sagte der im Gazastreifen für den ägyptischen Grenzübergang Rafah zuständige Beamte, Hisham Adwan. Dort warteten seinen Angaben zufolge seit dem Vortag 36 Lkw mit Hilfsgütern.

In Rafah stapeln sich nach Angaben eines US-Beamten, der anonym bleiben wollte, Tonnen von Hilfsgütern, die zunächst von israelischer Seite kontrolliert werden sollten. Israel will sicherstellen, dass keine Waffen und Ausrüstung für die Hamas in den Gazastreifen gelangen.

Auch Houthis greifen Israel an

Über die Kämpfe im Gazastreifen hinaus meldete die israelische Armee am Dienstag die Abwehr einer aus einem Gebiet am Roten Meer abgefeuerten Rakete. Wenige Stunden zuvor hatten Houthi-Rebellen im Jemen nach eigenen Angaben Drohnenangriffe gegen Israel gestartet. Ebenso wie die Hamas im Gazastreifen und andere schiitische Milizen in Syrien und dem Irak werden die Houthis vom Iran unterstützt.

Stellungnahme von Papst Franziskus gefordert

Israels Staatspräsident Isaac Herzog erwartet sich vom Papst eine klare Stellungnahme für Israel. "Ich erwarte, dass alle moralischen Stimmen der Welt sehr entschlossen ertönen, ich möchte auch vom Heiligen Stuhl eine sehr starke Erklärung hören", erklärte Herzog in einem Interview mit der von Rai 1 gesendeten Talkshow "Porta a Porta" am Dienstag. Dabei hob er die "Notlage" der Christen im Nahen Osten hervor. "Ich würde gerne hören, dass der Papst eine klare Aussage über die Kinder in Gaza macht, es gibt 30 Kinder, neun Monate alte Babys, die entführt wurden. Wer kann diesen Horror rechtfertigen?", fügte Herzog hinzu.

Angesichts der Krise in Nahost bemühen sich unterschiedliche Akteure um Rückhalt des Heiligen Stuhls, dessen Stimme in internationalen Fragen moralisches Gewicht beigemessen wird. Am Donnerstag führte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ein Telefonat mit Papst Franziskus. Ebenfalls in den vergangenen Tagen bemühte sich Israels Botschaft beim Heiligen Stuhl, ein Treffen von Angehörigen der israelischen Geiseln der Hamas mit dem Kirchenoberhaupt zu arrangieren.

Unterdessen wurde in Gaza beim Einschlag eines Geschosses in Gebäudenähe offenbar auch die katholische Pfarrei von Gaza beschädigt. Pfarreikreise berichteten Dienstagnachmittag von Schäden am Hauptportal zu dem Komplex, auf dem sich derzeit nach Angaben örtlicher Priester rund 700 Personen aufhalten, berichteten Kathpress und Katholische Nachrichtenagentur. Berichte über Verletzte oder Tote gab es zunächst nicht. Videoaufnahmen zeigten eine starke Rauchentwicklung sowie fliehende Menschen. Eine offizielle Bestätigung des Vorfalls liegt bisher nicht vor.

Beschuss aus dem Libanon

Die israelische Armee griff nach eigenen Angaben erneut eine "Terrorzelle" im Libanon an. Diese habe geplant, Panzerabwehrraketen nach Israel abzufeuern, teilte das Militär am Dienstag mit. Zusätzlich seien Panzerabwehrraketen auf zwei Stellungen der israelischen Armee in Grenznähe geschossen worden. Die Armee reagiere auf den Beschuss, hieß es. An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon kommt es seit Beginn des Gazakriegs zunehmend zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der Schiitenmiliz Hisbollah. Auf beiden Seiten gab es bereits Tote. Die Hisbollah hat Verbindungen zur im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas.

FBI warnt vor steigender Terrorgefahr

Das FBI warnte unterdessen vor einer wachsenden Terrorgefahr nach dem Hamas-Angriff auf Israel. Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der Hamas Anfang Oktober hätten mehrere ausländische Terrororganisationen zu Angriffen auf US-Amerikaner und den Westen aufgerufen, sagte FBI-Chef Christopher Wray am Dienstag bei einer Kongressanhörung. Es handle sich um die stärkste Bedrohung seit dem Aufstieg des Islamischen Staates (IS) vor fast einem Jahrzehnt.

Konflikte auch im Westjordanland

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat am Dienstag Angriffe israelischer Siedler auf Palästinenser im besetzten Westjordanland scharf verurteilt. In Telefonaten mit den Außenministern von Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien und dem Generalsekretär der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), Hissein Brahim Taha, habe Borrell seine Besorgnis über die zunehmenden Angriffe von Siedlern im Westjordanland zum Ausdruck gebracht, teilte sein Büro mit. Zugleich rief Borrell demnach dazu auf, den Nahost-Friedensprozess so schnell wie möglich "wiederzubeleben" und eine "dauerhafte und nachhaltige Lösung" des Konflikts "auf der Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen".

Terrorangriff am 7. Oktober

Die Hamas hatte am 7. Oktober einen beispiellosen Großangriff auf Israel begonnen. Dabei wurden nach israelischen Angaben mindestens 1.400 Menschen in Israel getötet. Zudem verschleppte die Hamas Armeeangaben zufolge mindestens 240 Menschen in den Gazastreifen. Vier der Entführten ließ die militante Palästinenserorganisation inzwischen frei, eine verschleppte Soldatin wurde von der Armee am Montag befreit.

Als Reaktion auf den Hamas-Angriff hat Israel den Gazastreifen seither unter Dauerbeschuss genommen. In dem dicht besiedelten Küstenstreifen flohen hunderttausende Menschen in den Süden. Durch die israelischen Bombardierungen wurden nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben der Hamas seit dem 7. Oktober mehr als 8.500 Palästinenser getötet.

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(APA)

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