Ziel sei es, die Räumung des Landstrichs bis zu vorzeitigen Wahlen zu verhindern, sagte Siedlervertreter Pinchas Wallerstein im israelischen Rundfunk. Unterdessen will der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon nach dem Gaza-Abzug keine weiteren Zugeständnisse an die Palästinenser machen.
Die großen jüdischen Siedlungsblöcke im Westjordanland würden bleiben, sagte Sharon am Mittwochabend. Auch über den Status von Jerusalem oder eine Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge werde nicht verhandelt. Die palästinensische Führung betonte, Sharons Aussagen verstießen gegen den internationalen Nahost-Friedensplan und seien irrelevant.
Der palästinensische Präsidenten-Sprecher Nabil Abu Rudeina sagte am Donnerstag, die drei Neins von Sharon verpflichten uns zu nichts und widersprechen der Roadmap, dem internationalen Friedensplan. Die palästinensische Führung akzeptiere keine nicht verhandelte Regelung. Die USA müssten Druck ausüben und Israel zurück an den Verhandlungstisch bringen. Die vom so genannte Nahost-Quartett aus USA, UNO, EU und Russland vorgelegte Roadmap sieht die Schaffung eines palästinensischen Staates auf dem Gebiet des Gaza-Streifens und des Westjordanlands vor.
Die Gegner des Gaza-Abzugs riefen für Donnerstagabend zur Massendemonstration in Tel Aviv auf. Der jüdische Siedlerrat erwartete nach eigenen Angaben mehr als 100.000 Teilnehmer zu der bisher größten derartigen Kundgebung. Am Mittwochabend hatten sich an der Klagemauer in Jerusalem 50.000 Abzugsgegner versammelt, um gemeinsam gegen das Vorhaben zu beten. Die israelische Armee räumte unterdessen ein, dass sich etwa 2700 Abzugsgegner an den Kontrollstellen der Armee vorbei in den Gaza-Streifen eingeschlichen haben. Sie wollen dort eine Räumung verhindern.
Die palästinensische Autonomiebehörde einigte sich unterdessen mit der radikalen palästinensischen Bewegung Hamas auf eine Zusammenarbeit während des Gaza-Abzugs. Ein gemeinsames Komitee sei dafür gebildet worden, bestätigten beide Seiten am Donnerstag. Beobachter werteten dies als wichtigen Hinweis, dass die Hamas und die palästinensische Regierung ihre jüngsten Spannungen beigelegt haben.
Die islamistische Organisation lehnte jedoch die Forderung von Präsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) ab, auf quasi-militärische Siegesparaden nach der Evakuierung der ersten jüdischen Siedlungen zu verzichten. Auch bekräftigte ein Hamas-Sprecher, man werde sich nicht entwaffnen lassen. Die Hamas wird sich während des Abzugs nicht mit einer marginalen Rolle zufrieden geben, sagte Mushir al-Masri.
Zur Durchführung und Sicherung des Gaza-Abzugs richteten Israelis und Palästinenser außerdem ein gemeinsames Kontrollzentrum ein. Wie ein Sprecher des palästinensischen Innenministeriums am Donnerstag mitteilte, steht die Einrichtung auf der israelischen Seite des Grenzübergangs Erez. Am Donnerstag und Freitag soll es zunächst vier Stunden in Betrieb sein, ab Sonntag dann rund um die Uhr. Sowohl von Seiten der Siedler als auch von palästinensischen Extremisten werden Unruhen befürchtet.
Die israelische Regierung will am Montag mit dem Abzug beginnen. Polizisten und Soldaten sollen in den 21 jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen von Haus zu Haus gehen und die Bewohner zu einem freiwilligen Umzug auffordern. Etwa 48 Stunden später sollen Sicherheitskräfte die Räumung durchsetzen. Im Gaza-Streifen leben etwa 8000 jüdische Siedler.
Siedlungen im Gaza-Streifen für Nicht-Anrainer gesperrt
Wenige Tage vor der geplanten Räumung aller jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen haben israelische Sicherheitskräfte die betroffenen Wohngebiete abgeriegelt. Ab sofort sei der Zutritt nur noch Anrainern erlaubt, erklärte das Militär am Donnerstag. Ursprünglich war die Abriegelung für die kommende Woche geplant – kurz bevor Soldaten Zwangsevakuierungen der Siedler einleiten sollten, die sich gegen den Abzug wehren.
Es habe aber früher reagiert werden müssen, weil sich derzeit zahlreiche Menschen illegal in dem Gebiet aufhielten, hieß es nun. Es handle sich insbesondere um solche Israelis, die den Abzug verhindern wollten. Seit Wochen strömen hunderte von ultra-nationalistischen Israelis in den Gaza-Streifen, um die Siedler bei ihren Protesten gegen den Abzugsplan von Ministerpräsident Ariel Sharon zu unterstützen. Der Plan sieht vor, dass alle 21 israelischen Siedlungen im Gaza-Streifen und vier der 120 Siedlungen im Westjordanland geräumt werden. Sollte das Vorhaben erfolgreich umgesetzt werden, wäre es das erste Mal, dass sich Israel von Gebieten zurückzieht, die die Palästinenser für einen eigenen Staat beanspruchen. Nach Schätzungen der Polizei halten sich derzeit mehr als 2.000 Israelis illegal in Siedlungen im Gazastreifen auf. Die Siedler geben ihre Zahl mit 5.000 an. In vielen Siedlungen haben die Bewohner bereits zusammengepackt, andere sind bereits umgezogen. So ähnelte die Siedlung Nissanit schon am Donnerstag einer Geisterstadt. Auch in der größten Siedlung Neve Dekalim mehrten sich die Anzeichen für die baldige Evakuierung. Die Post machte bereits zu. An der Tür hing am Donnerstag ein Schild: In Erwartung der Erlösung geschlossen.