AA

Israel drängt USA zu Distanz

Aber Washington signalisiert Ungeduld mit Sharon. Israel hat seinen engsten Verbündeten USA wegen dessen Unterstützung für die jüngste Genfer Nahost-Friedensinitiative offen kritisiert.

Zugleich wurde US-Außenminister Colin Powell aufgefordert, das Modell-Abkommen nicht zusätzlich durch ein Treffen mit dessen Architekten aufzuwerten. „Ich denke, er (Powell) macht einen Fehler”, sagte Israels Vizepremier Ehud Olmert am Dienstag über das Treffen, das nach Angaben aus US-Regierungskreisen noch diese Woche in Washington stattfinden könnte. Die Bereitschaft Powells zu dem Treffen gilt als Zeichen der wachsenden Ungeduld der USA über die Haltung der israelischen Regierung unter Premier Ariel Sharon.

Die Genfer Initiative zielt wie der ins Stocken geratene internationale Friedensfahrplan (Roadmap) auf einen unabhängigen palästinensischen Staat, geht aber in wichtigen Punkten weiter. Als Architekten des symbolischen Abkommens gelten der frühere israelische Justizminister Yossi Beilin und der palästinensische Ex-Minister Jasser Abed Rabbo. Die israelische Regierung lehnt die Initiative ebenso ab wie radikal israelfeindlichen Gruppen unter den Palästinensern.

Das von Powell geplante Treffen sei „ein Fehler”, sagte Olmert am Dienstag im israelischen Rundfunk. „Ich glaube, dass er damit dem (derzeitigen) Prozess nicht weiterhilft. Ich bin überzeugt, dass das von einem Vertreter der amerikanischen Regierung der falsche Schritt ist.” Im Zusammenhang mit den israelischen Initiatoren sprach er von einem „subversiven Element” und verwies dabei auf die finanzielle Unterstützung, die sie von der Schweizer Regierung erhalten hätten.

Das Genfer Abkommen war von israelischen Oppositionellen und Palästinensern formuliert worden, die in ihren Heimatländern als ausgesprochen friedensbereit gelten. Ihren Vorschlägen zufolge soll Jerusalem gemeinsame Hauptstadt der beiden Staaten werden und der in strittigen Grenzgebieten nötige Landtausch zwischen Israelis und Palästinensern im Verhältnis eins zu eins erfolgen. Auch für das Flüchtlingsproblem und die militärische Ausrüstung eines Staates Palästinas sind Lösungen formuliert. Die Initiative gebe beiden Völkern eine Idee davon, dass Frieden möglich sei, sagte UNO-Generalsekretär Kofi Annan und schloss sich damit dem Lob zahlreicher Staats- und Regierungschefs an.

Auf palästinensischer Seite haben Präsident Yasser Arafat und Ministerpräsident Ahmed Korei das Abkommen grundsätzlich, nicht aber dessen Einzelheiten akzeptiert. In Israel unterstützen einer neuen Umfrage zufolge rund 31 Prozent der Bevölkerung die Vorschläge, 37 Prozent äußerten sich ablehnend. Im Oktober hatten sich noch 54 Prozent der Israelis dagegen ausgesprochen und lediglich 25 Prozent dafür. Israel setzte unterdessen am Dienstag im Westjordanland die Razzien fort, die die Armee am Vortag in Ramallah, am Sitz der palästinensischen Regierung, begonnen hatte.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Israel drängt USA zu Distanz
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.