Israel: Behörden warnen vor Siedler-Widerstand
Moche Karadi warnt, die radikalen Siedler seien möglicherweise in der Lage, den geplanten Abzug aus dem Gaza-Streifen zu verhindern. Er sprach von einer Gefahr für die Existenz Israels. Jüdische Siedler protestierten in Anlehnung an die Nazi-Zeit mit orangefarbenen Davidsternen auf der Brust gegen die geplanten Räumungen. Dies stieß in der israelischen Öffentlichkeit auf scharfe Kritik.
„Dass der Staat oder die Regierung eine Entscheidung trifft, diese aber nicht durchsetzen kann, ist gefährlich für die Existenz des Staates Israel und die Demokratie in unserem Land“, sagte Polizeichef Karadi laut Militärrundfunk. Auch die Gefahr von Anschlägen rechtsextremer Siedler auf Personen und den für Juden und Moslems gleichermaßen heiligen Tempelberg wachse, warnte Karadi. Führende Siedlervertreter hatten zum zivilen Ungehorsam gegen den geplanten Abzug aus dem Gaza-Streifen aufgerufen.
Mehrere Siedler sagten zur Begründung der neuen Protestform mit dem Davidstern auf der Brust, damit sollten die Leute „aufgerüttelt“ werden. Die neue „Vertreibung“ von Juden durch die israelische Regierung komme einer Katastrophe (Shoah) gleich, sagte Moshe Freiman im öffentlichen Rundfunk. Die Regierung von Ministerpräsident Ariel Sharon werde aber nicht mit den Nazis verglichen, weil die Judensterne nicht gelb wie zur Zeit des Nationalsozialismus seien, sondern orangefarben. Die Initiative zu dem Protest sei von Überlebenden des Holocaust in Gusch Katif ausgegangen.
Siedler- und Opferorganisationen verurteilten am Dienstag die Aktion. Die Siedler entweihten die Erinnerung an die sechs Millionen von den Nationalsozialisten ermordeten Juden. Der Vorsitzende der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Avner Schalev, erklärte, das Tragen von orangebarbenen Davidsternen „pervertiert die historischen Fakten und beschädigt die Erinnerung an die Shoah“. Das Gedenken an den Judenmord müsse ein „vereinigender Faktor in der israelischen Gesellschaft“ bleiben. Der Holocaust-Überlebende Noah Klieger nannte die Verwendung der Judensterne eine „Schande“ für die Opfer der deutschen Vernichtungslager. Laut der jüdischen Lobby-Organisation ADL sprach von einer „fürchterlichen und fehlgeleiteten Botschaft“, die die Überlebenden des Holocaust beleidige und Revisionisten in die Hände spiele.
Der Rechtsausschuss des israelischen Parlaments einigte sich darauf, auf die Drohung mit Gefängnisstrafen für Widerstand gegen die Siedlungsräumung zu verzichten. Die hohe Strafe für den erwarteten Widerstand sei bei allen Parteien auf Widerspruch gestoßen, berichtete der Rundfunk. Premier Ariel Sharon will bis nächsten September alle 21 Siedlungen im Gaza-Streifen sowie vier kleinere Außenposten im Westjordanland räumen lassen, die großen Blocks im Westjordanland aber beibehalten.
Zum Ende der 40-tägigen Trauerperiode für den am 11. November verstorbenen palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat sagte PLO-Chef Mahmud Abbas in Ramallah, keine Worte reichten aus, um des „ewigen“ Arafat zu gedenken. „Arafat hat unser Volk an die Schwelle zu Freiheit und Unabhängigkeit geführt“, sagte Abbas, der bei der für den 9. Jänner geplanten Wahl eines Arafat-Nachfolgers als Favorit gilt.
Unterdessen gab es neue Angriffe auf jüdische Siedlungen im Gaza-Streifen. Nach israelischen Berichten feuerten Palästinenser mit Mörsergranaten und Panzerfäusten auf eine Synagoge und den Übergang zu einer zu einer jüdischen Siedlung. Menschen kamen nicht zu Schaden. Die radikal-islamische Hamas-Organisation erklärte, sie werde den bewaffneten Kampf gegen Israel fortsetzen.