"Islamisten lesen den Koran einseitig"
Dschihadisten, also Anhänger des Heiligen Krieges, picken sich aus dem Koran bestimmte Stellen heraus, und konstruieren sich daraus eine religiöse Grundlage für ihre terroristischen Aktivitäten. Nach Ansicht des Experten könnte aus allen heiligen Schriften – auch aus der Bibel – Gewalt abgeleitet werden.
Die oft zitierten Koranstellen – wie die Sure 2,191 … und tötet sie (die Ungläubigen, Anm.), wo immer ihr sie trefft … – müssten im Gesamtzusammenhang gelesen werden: Im Koran und anderen frühislamischen Schriften finden sich Aussagen über die Befürwortung von Gewalt wie auch Aussagen über das friedliche Verhältnis zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen, so Lohlker. Entscheidend sei die Gesamtsicht, man muss den Koran als Gesamttext sehen.
Der Islamexperte betonte, dass schon in der Frühzeit des Islams die Schwerpunkte regional sehr unterschiedlich gesetzt worden seien. So sei in Syrien der Dschihad absolut an erster Stelle, was nicht überraschend sei, weil Syrien damals an das christliche Byzantinische Reich grenzte. In Mekka war der Hadsch, also die Pilgerfahrt, die erste Pflicht. In Tunesien wiederum stand das Gebet vor dem Dschihad. Also schon die frühislamischen Gemeinden waren sich über die Bewertung des Heiligen Krieges nicht einig.
Lohlker erklärte, dass in der islamischen Welt heute der Dialog mit den Dschihadisten ganz bewusst geführt wird, was zu lange nicht erfolgte. So gebe es in Saudi-Arabien und auch im Jemen Erziehungsmaßnahmen für dschihadistische Gefangene.
In Österreich sind nach Ansicht des Islamexperten die Dschihadisten eine kleine Randgruppe, die man aber beobachten müsse.