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Islamisten kündigen Guerillakrieg an

In Somalia haben die Islamisten nach der kampflosen Räumung der Hauptstadt Mogadischu einen Guerillakrieg gegen die vom Nachbarland Äthiopien abhängige Übergangsregierung angekündigt.

Nach der Einnahme Mogadischus mit Hilfe äthiopischer Truppen hat sich der Ministerpräsident der Übergangsregierung, Mohamed Ali Gedi, am Freitag auf die Besitzergreifung der Hauptstadt vorbereitet. Nun beginne die schwierige Aufgabe des Wiederaufbaus, sagte Gedi. Seine Regierung, die bisher nur ein kleines Gebiet um die Provinzstadt Baidoa kontrollierte, wolle Recht und Ordnung wiederherstellen. Vorauskommandos schwer bewaffneter somalischer und äthiopischer Soldaten bezogen Stellung an Schlüsseleinrichtungen wie Flughafen und Hafen.

„Wir werden Somalia nicht verlassen“, sagte der Vorsitzende des „Rates der Islamischen Gerichte“, Sheikh Sharif Ahmed, am Freitag. „Wir werden vor unseren Feinden nicht davonlaufen“, betonte er in der Hafenstadt Kismayo, wohin sich die von Eritrea, Saudi-Arabien und dem Jemen mit Waffen und finanziell unterstützte Miliz der Islamisten zurückgezogen hat. Die Milizen würden die Regierungstruppen und deren äthiopische Verbündete aus dem Hinterhalt angreifen, sagte ein anderer Vertreter der Islamisten. Der Krieg sei mit dem Abzug der Islamisten aus Mogadischu nicht zu Ende. „Ich sage, innerhalb weniger Tage wird sich das ändern“. Die Islamisten hatten die Stadt am Donnerstag nur wenige Stunden vor dem Einmarsch der äthiopischen Truppen kampflos aufgegeben, um nach eigener Darstellung der Bevölkerung ein Bombardement zu ersparen.

Das äthiopische Militär stand am Stadtrand von Mogadischu mit zahlreichen Panzern, über hunderten Lastwagen und Hunderten von Soldaten bereit, um die Hauptstadt vollständig einzunehmen. „Wir werden nicht zögern, wieder für Recht und Ordnung zu sorgen“, sagte Regierungssprecher Abdirahman Dinari. Beobachter erwarteten, dass das somalische „Parlament“, das aus Delegierten verschiedener Clans und Warlord-Milizen zusammengesetzt ist, am Samstag für drei Monate das Kriegsrecht verhängen würde, um die Waffen zum Schweigen zu bringen. Die Regierung forderte im Rundfunk die Polizisten auf, sofort wieder zum Dienst zu erscheinen. Unter den ersten Maßnahmen, die die Übergangsregierung traf, war die Aufhebung von Verboten, die die Islamisten verhängt hatten. So durften Kinos und Kioske, in denen die als Rauschmittel genutzten Kat-Blätter angeboten werden, wieder öffnen. Auch durfte wieder Unterhaltungsmusik gehört werden.

Der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi erklärte, sein Land werde noch einige Wochen weiterkämpfen, bis Extremisten und ausländische Kämpfer, die die Islamisten unterstützten, endgültig besiegt seien. 2000 bis 3000 islamistische Kämpfer seien getötet und 4000 bis 5000 verletzt worden. Äthiopien habe einige hundert Opfer zu verzeichnen.

Die Vereinten Nationen wollen ihre Hilfsflüge nach Somalia unterdessen so schnell wie möglich wieder aufnehmen. Die ersten Flüge sollten von der kenianischen Hauptstadt Nairobi aus nach Wajid im Süden und Hargeisa im Norden des Landes starten, sagte der Sprecher des Welternährungsprogramms (WFP), Peter Smerdon, am Freitag. Nachdem die Hilfe wegen der jüngsten schweren Kämpfe gestoppt wurde, gab die somalische Übergangsregierung am Donnerstag grünes Licht für die Wiederaufnahme der internationalen Unterstützung. Die Vereinten Nationen versorgen rund zwei Millionen Somalier, die wegen des bewaffneten Konflikts sowie nach Dürre und Überschwemmungen auf Hilfe angewiesen sind. Mehrere hundert Menschen waren in den Wassermassen ums Leben gekommen, eine halbe Million war vertrieben worden.

Die Organisation “Ärzte ohne Grenzen“ (Médecins sans frontières/MSF) protestierte gegen das Vorgehen der Regierungstruppen. Soldaten seien in eine Klinik in Diinsor in der Provinz Bay eingedrungen, hätten einheimische Mitarbeiter bedroht und Patientenakten beschlagnahmt, hieß es.

Die EU zeigte indes Bereitschaft zur Beteiligung an einem Hilfseinsatz in Somalia. Der finnische Außenminister und scheidende EU-Ratspräsident Erkki Tuomioja sagte am Freitag in Helsinki jedoch, dass eine derartige Situation derzeit nicht gegeben sei. Mit EU-Kollegen habe er in den vergangenen Tagen über die Evakuierung von 2.000 bis 3.000 EU-Staatsbürgern aus Somalia beraten, doch habe sich die Lage jüngst wieder etwas beruhigt. Die deutsche Bundesregierung rief die Konfliktparteien zum Dialog auf. „Die Zeichen hierfür könnten günstig stehen, wenn alle Beteiligten sich ihrer Verantwortung bewusst sind“, sagte ein Sprecher des deutschen Auswärtigen Amts am Freitag in Berlin. „Somalia wird eines der ersten Themen sein, die uns auch als EU-Ratspräsidentschaft beschäftigen“, fügte er hinzu.

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