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Islam-Kindergärten: Stadt Wien will Maßnahmen, ÖVP sieht Rot-Grün am Zug

Die neue Islam-Kindergarten-Studie wurde präsentiert.
Die neue Islam-Kindergarten-Studie wurde präsentiert. ©APA/HERBERT PFARRHOFER
Die neue Studie zu Islam-Kindergärten gibt der Stadt Wien Anlass für weitere Maßnahmen. Die Wiener ÖVP fordert ein "klares Umdenken in der rot-grünen Stadtregierung".
Neue Studie zu Islam-Kindergärten

Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) zeigte sich zwar erfreut darüber, dass es keine Indizien auf religiöse Indoktrinierung gebe, trotzdem seien nach dem “Feedback” der Forscher nun weitere Schritte zu setzen. Sprachförderung oder Religion sollen dabei die Schwerpunkte sein. “Was heute publiziert wurde, wird sehr ernst genommen”, versprach er im Gespräch mit Journalisten. Er habe sich schon bisher dazu bekannt, dort hinzuschauen, wo es nicht so funktioniere. Nun könne man wissenschaftlich fundiert und auf der Basis von Fakten – “und mit weniger Showcharakter” – darüber reden, was man zu tun habe. Bedauerlich finde er lediglich, dass das Forscherteam keine gemeinsame Conclusio präsentiert habe, sagte der Stadtrat.

Er selbst zieht eine Reihe von Schlüssen aus der Arbeit, wie er berichtete. Zum einen müsse die Sprachförderung intensiviert werden. Mehrsprachigkeit sei dabei als Chance zu begreifen – denn wer sich in der Erstsprache gut ausdrücken könne, könne auch eine weitere Sprache gut lernen. Wien schneide hier jetzt schon besser ab als alle anderen Bundesländer, verwies Czernohorszky auf jüngste Evaluierungen. Trotzdem müsse es verstärkte Anstrengungen geben.

Mehr Pädagogen für Wien

Das betrifft auch die budgetäre Ausgestaltung. Bund und Land seien hier gefordert, zeigt man sich im Rathaus überzeugt. Die für sprachliche Frühförderung zuständigen Pädagogen sind zuletzt auf 250 aufgestockt worden. Es seien aber wohl noch mehr nötig, schätzte der Stadtrat. Hier genaue Zahlen zu nennen, sei aber noch zu früh.

Bildungs- und Weiterbildungsschwerpunkte sollen laut dem Ressortchef zudem den Bereich interkulturelle Kompetenzen betreffen. Vielfalt sei als positive Ressource zu sehen: “Wichtig ist dabei die Wertschätzung dafür, was ein Kind mit sich bringt, damit nicht der Eindruck entsteht, diese Kinder wären in der Stadt nicht willkommen.” Dies in den entsprechenden Lehrplänen für Pädagogen zu verankern, falle aber in die Zuständigkeit des Bundes, forderte der Wiener Stadtrat hier entsprechende Aktivität ein.

Diskussion und “Islam-Kindergärten” hätte Schaden angerichtet

Wie Religion im Kindergarten vermittelt wird, bleibe ebenfalls Thema. Wien habe mit dem entsprechenden Leitfaden (“Ethik im Kindergarten. Vom Umgang mit Religionen, Weltanschauung und Werten”) bereits Schritte gesetzt. Auch die (katholische, Anm.) St. Nikolausstiftung habe als Träger hier schon ein sehr gutes Konzept. Um weitere Religionsgemeinschaften zu motivieren, vergleichbare Rahmenpläne zu erstellen, werde es einen Runden Tisch geben, kündigte Czernohorszky an.

Als problematisch erachte er, dass seit der Debatte um die erste – sehr umstrittene – Kindergartenstudie die Stimmung islamfeindlicher geworden sei. Die Diskussion um “Islam-Kindergärten” hätte Schaden angerichtet. Das hätten auch Kinder zu spüren bekommen, nach dem Motto: “Wenn du Moslem bist, verstecke dich besser.” Nun sei eine Politik der ausgestreckten Hand nötig, hieß es – mit Verweis auf das “Kinderrecht Religionsfreiheit”.

Laut Stadt Wien wurde vom Verfassungsdienst bis dato noch nie ein Kindergarten genannt, dessen Träger als bedenklich eingestuft wurde. Hinweisen auf mögliche islamische Indoktrinierung in den jeweiligen Einrichtungen würde zudem stets nachgegangen werden. Doch auch hier habe es bisher keinen einzigen bestätigten Fall gegeben, hieß es heute.

Wiener ÖVP sieht Studie als Handlungsauftrag für Rot-Grün

Die Wiener ÖVP hat die Studie zu den sogenannten Islam-Kindergärten als klaren Handlungsauftrag an das Rathaus interpretiert. Nun müsse “ein fundamentales Umdenken in der rot-grünen Stadtregierung stattfinden”, erklärte der designierte nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch am Donnerstag in einer Aussendung: “Es braucht tiefgreifende Lösungen statt kosmetischer Placebos.”Wien. Die Wiener ÖVP hat die Studie zu den sogenannten Islam-Kindergärten als klaren Handlungsauftrag an das Rathaus interpretiert. Nun müsse “ein fundamentales Umdenken in der rot-grünen Stadtregierung stattfinden”, erklärte der designierte nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch am Donnerstag in einer Aussendung: “Es braucht tiefgreifende Lösungen statt kosmetischer Placebos.”

Die Stadt-Schwarzen verstehen darunter einmal mehr eine massive Aufstockung der Kontrollore und nicht angekündigte Überprüfungen nach Mystery-Shopping-Art. Man werde Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) in der nächsten Landtagssitzung am 26. Jänner deshalb mit den Studienergebnissen konfrontieren, kündigten Wölbitsch und Bildungssprecherin Sabine Schwarz eine entsprechende Dringliche Anfrage an.

ÖVP-Bildungsminister sieht Studie als Chance

Zur Causa zu Wort gemeldet hat sich auch der neue Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Bezüglich der Umsetzung der Empfehlungen in der Studie sieht er eine große Chance “in den kommenden Verhandlungen zur Einführung von zwei verpflichtenden Kindergartenjahren”. Die Regierung plane außerdem die pädagogischen Standards zu verbessern, die Ausbildungsstandards zu erhöhen und einen neuen Bildungsrahmenplan zu beschließen.

NEOS sehen Stadtregierung am Zug

Die NEOS sehen Rot-Grün nun ebenfalls am Zug. Der Ansatz bei Kontrollen müsse mehr auf die tatsächliche Arbeit mit den Kindern gelegt werden, das Personal außerdem gründlicher qualifiziert werden, forderte Bildungssprecher Christoph Wiederkehr: “Ein weiterer Fokus muss ganz massiv auf Sprachförderung gelegt werden.”

Der grüne Klubchef David Ellensohn zieht freilich etwas andere Schlüsse aus den Ergebnissen. Diese hätten “mit vielen Vorurteilen aufgeräumt”, religiöse Indoktrination sei nicht mehr im Vormarsch, stattdessen werde Religion zurückgenommen bzw. herausgedrängt. Es gebe aber dennoch genug zu tun. Es müsse in ganz Österreich in die Quantität und Qualität der Kindergärten als erste Bildungseinrichtung investiert werden.

Islamische Glaubensgemeinschaft freute sich über Versachlichung

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) freute sich u.a. über die “dringend notwendige Versachlichung” hinsichtlich der Debatte. Als Konsequenz aus der Studie sieht man die Notwendigkeit der Erarbeitung eines religionspädagogischen Bildungsplans für den Islam, die muslimischen Betreiber seien hier einzubeziehen. “Dabei wird auch zu reflektieren und formulieren sein, was einen professionellen pädagogischen Umgang mit Religion von Indoktrination unterscheidet. Die Erziehung zu Mündigkeit fängt bereits im Kindergartenalter an”, hieß es in einer Aussendung.

APA/Red.

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