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Irland: IRA will Waffen nicht abgeben

Der Friedensprozess für Nordirland rutscht immer weiter in die Krise. Die Ankündigung der IRA von Mittwochnacht, ihre Waffen nicht wie zugesagt vollständig abzugeben, ist ein neuer Tiefpunkt. Der Millionenraub von Belfast schlägt politische Wellen.

Die Ankündigung der IRA wurde allerdings nicht als Kampfansage mit einer möglichen neuen Welle der Gewalt verstanden. In ihrer Stellungnahme beschuldigte die IRA die Regierungen in London und Dublin, „ihre Geduld überstrapaziert zu haben“. Immer und immer wieder habe die Organisation gezeigt, dass sie sich für den Friedensprozess eingesetzt habe. Aber die „beiden Regierungen haben sich für Konfrontation entschieden“, sagte Gerry Adams, Präsident der der IRA nahe stehenden Partei Sinn Fein.

Die Absage an alle aktuellen Friedensgespräche ist eine Reaktion auf Äußerungen des britischen Premierministers Tony Blair und seines irischen Amtskollegen Bertie Ahern. Die hatten tags zuvor bekräftigt, die IRA stecke hinter dem Millionenraub in Belfast vom Dezember.

Blair hatte erst am Dienstag gesagt, die IRA sei das „Hindernis für eine dauerhafte Einigung in Nordirland“. Der Führer der radikalprotestantischen DUP, Pastor Ian Paisley, schlug direkt in diese Kerbe und sagte am Donnerstag: „Die haben niemals die Absicht gehabt, ihr kriminelles Imperium aufzugeben.“

Bei dem bisher größten Bargeldraub in der britischen Geschichte hatten unbekannte Täter am 20. Dezember umgerechnet rund 38 Millionen Euro erbeutet. Die Polizei hatte nach umfangreichen Ermittlungen die IRA für die Tat verantwortlich gemacht und mit ihren Darlegungen auch die irische und britische Regierung überzeugt. Die Untergrundorganisation wies jede Beteiligung an dem Raub zurück – tatsächlich wurde bisher kein Verdächtiger festgenommen.

Zwar verübt die katholische und pro-irische Untergrundorganisation keine Anschläge mehr, wandelt sich aber nach Einschätzung vieler Beobachter immer mehr zu einer nordirischen Mafia. So schwingt sich die IRA in den katholischen Vierteln zur Ordnungsmacht auf, bestraft dort etwa Autodiebe oder entscheidet Nachbarschaftsstreit mit gezielten Schüssen in die Kniekehle.

Die Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden in Nordirland waren zuletzt im vergangenen Dezember gescheitert. Obwohl die IRA ihre vollständige Entwaffnung bis Weihnachten zusichern wollte, kam keine Einigung zu Stande. Der Grund dafür war die Forderung Paisleys, die Entwaffnung zu fotografieren und diese Bilder umgehend zu veröffentlichen. Dies betrachteten die IRA und ihr politischer Flügel Sinn Fein als unzumutbare Demütigung.

Nach Angaben der Regierung in London sollen die politischen Institutionen in Nordirland erst wieder eingesetzt werden, wenn alle paramilitärischen und kriminellen Aktivitäten aufhören. Die britische Regierung hatte die Selbstverwaltung der Provinz im Jahr 2002 eingefroren, weil die parteiübergreifende Regionalregierung zu zerbrechen drohte. Grundlage für die Autonomie mit eigenem Parlament war ein von Protestanten und Katholiken im Jahr 1998 unterschriebenes Friedensabkommen, mit dem ein Schlussstrich unter Jahrzehnte blutiger Konflikte gezogen werden sollte.

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