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Iris Berben ist Model im Seniorenkalender

Schönheit sei mehr als ein makelloser Körper, ein ebenmäßiges Gesicht und frisierte Haare. Schönheit sei auch Ausdruck von Einstellungen, Erfahrungen und Gefühlszuständen.

So schreibt Iris Berben in einem Grußwort für einen Kalender des Jahres 2003. In ihm posieren, fotografiert von Esther Haase, elf ältere Frauen und ein 74-jähriger Mann und erzählen von ihren Träumen. Mit dabei ist auch die 52-jährige Berben, gut bekannt als Kommissarin „Rosa Roth“. Auf gleich zwei Blättern ist sie als Model zu bewundern.

Offensichtlich spielt auch bei Senioren die Erotik eine große Rolle. „Natürlich hat man in meinem Alter noch erotische Träume. Mein schönster: sie irgendwann einmal noch einmal ausleben“, schreibt beispielsweise die 80-jährige Gertrud Burow, die als punkige Motorradbraut gestylt, einen leicht bekleideten jungen Mann anmacht. Und Hanna Braun, im schwarzen Ballkleid und mit Zigarette, blickt einem neuem Pfleger tief in die Augen: „Charmanter junger Mann. Und so athletisch gebaut. Wenn ich ein paar Jahre jünger wäre“, seufzt die 83-Jährige. Lebensfreude, so ist zu sehen, kann es auch durchaus noch im Alter geben.

Berben stellt auf dem November-Kalenderblatt ein attraktives Schneewittchen dar. Lachend, mit bis zum Boden herabhängendem schwarzen Haar und in einem tief dekolletiertem weißen Kleid sitzt sie vor einer alten Dame. Hildegard Rosenthal, Jahrgang 1918, sieht in diesem Schneewittchen sinnbildlich ihre unerfüllte Liebe zu Frauen. Die große Liebe ihres Lebens habe überhaupt alles, „was Männer nie haben werden“, stöhnt sie. Trotzdem lebe sie allein. „Ich bin zu alt für die Toleranz der modernen Gesellschaft.“

Es gibt auch andere Träume. Als in einem Kornfeld verkleidete Vogelscheuche freut sich Herbert Baumann, Jahrgang 1928, über die Schönheit der Natur. Die 89-jährige Charlotte Frank, wie eine Hippie-Diva zurecht gemacht, träumt „von einer Welt ohne Supermächte, Umweltkatastrophen und Seniorenteller“. Und die gleichaltrige Ruth Voehler gibt zu Bedenken, dass Menschen einfach wieder beginnen sollten, bescheidener zu träumen.

Einmal mehr zeigt Berben bei diesem Projekt ihre soziale Ader. Erst vor zwei Monaten erhielt sie vom Zentralrat der Juden für ihr aktives Engagement gegen Rassismus, Antisemitismus und Neonazismus den Leo-Baeck-Preis. Nun macht sie Werbung für den Patientenkalender der Berliner Pflegestation Jahnke. „Hier ist eine Einrichtung entstanden und gewachsen, die in Eigeninitiative etwas gegen die Einsamkeit alter Menschen unternimmt, die sie in ihrer Schönheit und Attraktivität präsentiert und die sie darüber hinaus zur aktiven Teilnahme am Leben herausfordert“, schwärmt sie. „Ich wünsche den Hauptdarstellern, den alten und kranken Menschen, dass sie sich noch lange und gerne an die Entstehung des Kalenders erinnern werden.“

Abgesehen von Berben sind alle Models Patienten der ambulanten Pflegestation. Hier kann der Kalender „Was alte Menschen träumen…“ auch bestellt werden. Mindestens 20 Euro sollen die Bezieher an das Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin spenden, die Geschädigten aus der ganzen Welt medizinische, psychotherapeutische und soziale Hilfe bietet. Die Pflegestation präsentiert mit dem neuen Werk bereits ihren sechsten Kalender. Im vergangenen Jahr wurden dafür knapp 20.000 Euro an gemeinnützige Organisationen gespendet.

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