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Iran: Eskalation im Atomstreit befürchtet

Die Tatsache, dass es keine direkte Kommunikation zwischen den Streitparteien Iran und USA gebe, erhöhe die Gefahr einer aus gegenseitigen Fehleinschätzungen resultierenden Machtprobe.

„Die Spannung, Empfindlichkeit und Paranoia sind so groß, dass auch das Potenzial, in etwas hinein zu schlittern, sehr hoch ist“, sagte Ali Ansari, Iran-Experte an der schottischen St. Andrew’s Universität. „Die Chancen für einen Luftangriff stehen 50 zu 50“, sagte er. Andere Analysten schätzten die Gefahr eines israelischen oder US-Luftangriffs auf den Iran dagegen als gering ein. Ein Kompromiss bei den Verhandlungen über das Atomprogramm des Landes mit drei EU-Ländern – Frankreich, Großbritannien, Deutschland – ist allerdings nach Meinung der Experten derzeit auch nicht in Sicht.

Die USA werfen dem Iran vor, nach Atomwaffen zu streben. Die Regierung in Teheran argumentiert allerdings, das Atomprogramm des Landes diene allein friedlichen Zwecken wie der Stromerzeugung. US-Präsident George W. Bush hatte zuletzt die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung betont, zuvor aber einen Angriff auf das Land nicht ausgeschlossen. US-Vizepräsident Dick Cheney hatte erklärt, Israel könnte eventuell allein militärisch gegen den Iran vorgehen. Der iranische Präsident Mohammad Khatami hatte Angreifern am Donnerstag mit einer Flammenhölle gedroht. Einer seiner Vorgänger, Ali Akbar Hashemi Rafsandjani, erklärte, die USA würden den Iran nicht vom Streben nach Atomtechnologie abbringen.

Analysten verwiesen zudem auf das Engagement der USA im Irak, was den USA die „Hände binde“ und einen größeren Konflikt mit dem Iran unmöglich mache. „Militärische Handlungen sind keine Option. Es ist technisch möglich für die Vereinten Staaten, aber – egal ob für sie allein oder gemeinsam mit Israel – nicht klug“, sagte Mustafa Alani, Sicherheitsanalyst am „Gulf Research Centre“ in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Allerdings könnte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Sanktionen verhängen, sollten die zur Zeit laufenden Vermittlungsgespräche unter Federführung von Frankreich, Großbritannien und Deutschland scheitern. Die Europäer versuchen, die Regierung in Teheran auf diplomatischem Weg dazu zu bewegen, die Anreicherung von Uran aufzugeben. Angereichertes Uran kann unter anderem zum Bau von Atomwaffen benutzt werden. Im Gegenzug bieten die Europäer dem Iran unter anderem engere wirtschaftliche Beziehungen an. Die USA hingegen wollen, dass sich der UNO-Sicherheitsrat mit dem Thema befasst.

Gary Samore, Experte des Londoner Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS), sagte jedoch, ein Kompromiss mit dem Iran sei nicht in Sicht. „Ich denke, die Präferenz des Iran ist es, die Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen zu erlangen“, sagte er. „Sie arbeiten seit 20 Jahren daran und es ist ein aus dem tiefsten Inneren kommender Wunsch der politischen Elite“, sagte Samore.

Sanktionen könnten unter anderem eine Reduzierung diplomatischer Beziehungen, Reisebeschränkungen iranischer Diplomaten und ein Verbot ausländischer Investitionen umfassen. Dass die Sanktionen auch die Ölexporte des Landes betreffen, gilt dagegen angesichts möglicher Auswirkungen auf die Ölpreise und die Weltwirtschaft als unwahrscheinlich. Die US-Regierung untersagt US-Firmen schon jetzt, in dem ölreichen Staat zu investieren, und wünscht sich eine solche Investitionssperre auch für europäische Unternehmen.

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