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Irakische Wahlen verschlimmern Lage der christlichen Minderheit

©AP
Die dramatische Situation der Christen im Nordirak hat sich im Vorfeld der Parlamentswahlen weiter verschlimmert.

Nach einer Serie von Mordanschlägen fliehen immer mehr Angehörige der religiösen Minderheit aus der nordirakischen Stadt Mossul. Allein am Mittwoch hätten rund hundert Familien ihre Wohnungen und Häuser verlassen, sagte der chaldäische Erzbischof Emil Shimoun Nona laut Kathpress am Donnerstag dem römischen Pressedienst “AsiaNews”. Sein Paulos Faraj Rahho war verschleppt und ermordet worden, die Leiche wurde auf einer Müllhalde gefunden.

Papst Benedikt XVI. bekundete seine tiefe Sorge über die Morde an Christen im Irak. In einem Schreiben an den irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki forderte das Kirchenoberhaupt die Bagdader Regierung zum Schutz religiöser Minderheiten auf. Die Vatikanzeitung “Osservatore Romano” veröffentlicht die von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone unterzeichnete Botschaft auf seiner Titelseite. Zudem sprach der Papst den Angehörigen der Anschlagsopfer sein Mitgefühl aus. Ausdrücklich schloss Papst Benedikt XVI. auch die muslimischen Toten und Verletzten in sein Gebet ein. Derzeit herrsche insbesondere in Mossul eine “humanitäre Notlage”, sagte Erzbischof Nona. Die Menschen ließen aus Angst vor weiteren Überfällen ihr Eigentum zurück und begäben sich ohne Hab und Gut auf die Flucht.

In Mossul wurden in den vergangenen vier Wochen mindestens zwölf Christen ermordet. Zuletzt waren am Montag drei Mitglieder der syrisch-katholischen Gemeinde – ein Vater mit seinen zwei Kindern – von Unbekannten in ihrer Wohnung erschossen worden. In der Woche zuvor waren sechs Christen getötet worden. Als mutmaßliche Täter gelten islamistische Extremisten. Die Anschläge werden in Zusammenhang mit der für 7. März vorgesehenen Parlamentswahl im Irak gebracht.

Die Stimmung unter seinen Gläubigen beschrieb der Erzbischof als “blanke Panik”. Ob bei der Arbeit, in der Schule oder zu Hause – nirgendwo seien Christen in Mossul vor Mordanschlägen sicher. Die meisten Christen im Irak sind mit Rom unierte katholische Chaldäer, deren Oberhaupt der in Bagdad residierende Patriarch von Babylon, Kardinal Emmanuel III. Delly, ist. Seit der US-Invasion 2003 wurden zahlreiche christliche Geistliche ermordet. Die Lage der christlichen Bevölkerungsteile, die unter dem gestürzten säkularen Baath-Regime Saddam Husseins geschützt waren, hat sich seit der US-Invasion dramatisch verschlechtert. Dutzende Kirchen wurden seither niedergebrannt, viele Christen ermordet, Diskriminierung und Anfeindung sind an der Tagesordnung. Wer als Christ erkannt werde, sei oft Zielscheibe brutalster Verfolgung, wie Geistliche berichten. Die Gesamtzahl der Christen im Irak ist in den vergangenen Jahren von 850.000 auf unter 400.000 gesunken.

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