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Iraker nahmen Verfassung an

Entgegen den Bedenken vieler Sunniten ist die neue irakische Verfassung mit großer Mehrheit angenommen worden. 78,59 Prozent der Bürger stimmten beim Referendum für die Verfassung, 21,41 Prozent dagegen.

Das teilte die Wahlkommission am Dienstag in Bagdad mit. Während das Votum international als „historisch“ gewürdigt wurde, starben bei Anschlägen und Kämpfen erneut mehr als 20 Menschen. Die US-Armee hatte ihr 2.000. Todesopfer im Irak seit Beginn des Krieges im März 2003 zu beklagen.

Die Verfassung wurde in zwei der 18 Provinzen – in den sunnitischen Provinzen Anbar und Salaheddin – abgelehnt. In der sunnitischen Provinz Ninive sprachen sich nur 55 Prozent gegen die Verfassung aus. Das Projekt wäre gescheitert, hätten in mindestens drei Provinzen mehr als zwei Drittel der Wähler mit „Nein“ gestimmt. Die Stimmbeteiligung lag bei 63 Prozent.

Die Verfassung soll mit der Einsetzung einer neuen Regierung nach der Parlamentswahl am 15. Dezember in Kraft treten. Sie definiert den Irak als demokratisches, islamisches Land mit stark föderalen Zügen. Viele Sunniten fürchten, sie könnten in dem neuen Staat vom Erdölreichtum im Norden und Süden ausgeschlossen werden.

UNO-Generalsekretär Kofi Annan bezeichnete das Abstimmungsergebnis als „historisches Ereignis“. Er hoffe, dass dies ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einem demokratischen Irak sein werde. US-Präsident George W. Bush gratulierte den Irakern zu ihrer „mutigen Wahl“. Sie hätten erneut ihre Entschlossenheit demonstriert, trotz Gewalt und Terrorismus eine Demokratie aufzubauen. Außenministerin Ursula Plassnik (V) rief die Kurden, Schiiten und Sunniten zum Dialog auf. Das Ergebnis des Referendums spiegle nämlich auch die Spaltung des Landes entlang ethnischer und religiöser Linien wider.

Drei Sunniten-Parteien gaben am Mittwoch bekannt, bei der Parlamentswahl als „Irakische Front der Eintracht“ gemeinsam antreten zu wollen. Zwei von ihnen (Konferenz des Volkes des Irak und Irakischer Nationaler Dialog) hatten gegen die neue Verfassung Stimmung gemacht, die große „Islamische Partei“ warb für ein Ja.

In der kurdischen Metropole Suleimaniyah riss ein Selbstmordattentäter am Dienstag mit einer Autobombe vor dem Ministerium für die kurdischen Kämpfer (Peschmerga) acht Menschen mit in den Tod. Bei einem Anschlag gegen einen hochrangigen Parteifunktionär der Patriotischen Union Kurdistans kam einer seiner Leibwächter ums Leben.

Im westirakischen Falluja starben am Mittwoch drei irakische Soldaten durch einen Bombenanschlag. In Bagdad wurde der Generaldirektor des irakischen Kulturministeriums, Nabil Yasser al Mussawi, von Attentätern erschossen. In Haditha brachte die Polizei vier Tote ins Leichenschauhaus, die von Extremisten gefesselt und erschossen worden waren

Am Dienstag waren in der Hauptstadt bei mehreren Anschlägen und Überfällen drei Menschen gestorben, darunter ein siebenjähriger Bub. Bei Falluja fielen einem Anschlag vier ausländische Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma zum Opfer, bei Musayyib südlich von Bagdad töteten Soldaten fünf mutmaßliche Aufständische. In Mossul wurde eine Polizistin erschossen.

Der Nachrichtensender CNN vermeldete am Dienstag den 2.000. toten US-Soldaten des Militäreinsatzes im Irak. Es handelte sich um den 34-jährigen Unteroffizier Georg Alexander, der in einem Lazarett in Texas an den Folgen einer Bombenexplosion in Samarra starb.

Dies ließ in den USA die Diskussion über den Sinn des Irak-Engagements wieder aufleben. „Es wird Zeit, diesen Krieg zu beenden“, sagte der demokratische US-Senator James McGovern. Bush erteilte aber Forderungen nach einem Abzugsplan erneut eine Absage. Den bisher gestorbenen US-Soldaten könne am besten die Ehre erwiesen werden, indem man die Mission beende, sagte er bei einem Besuch des Luftwaffenstützpunkts Bolling im US-Bundesstaat Alabama. Das „Wall Street Journal“ veröffentlichte eine Umfrage, in der erstmals eine Mehrheit der US-Bürger den Irak-Krieg als Fehler bezeichnete. Einer AP-Umfrage zufolge liegt die Zustimmung der Bürger für Bush nur noch bei 37 Prozent.

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