Irak: Weitere Ausländer entführt
In der Nacht zum Freitag wurden in Bagdad zwei ägyptische Ingenieure verschleppt, die für das ägyptische Telekom-Unternehmen Orascom arbeiteten. Wenige Stunden später meldete das irakische Innenministerium die Entführung von sechs Mitarbeitern einer irakischen Telekom-Firma in Falluja, an der Orascom beteiligt ist. Das Schicksal einer britischen Geisel sowie zweier entführter Italienerinnen blieb weiter ungewiss. Zwei Amerikaner, die in der vergangenen Woche zusammen mit dem Briten von Aufständischen überwältigt wurden, sind bereits von ihren Geiselnehmern getötet worden.
Die beiden Ägypter seien von einer Gruppe bewaffneter Männer aus ihren Büros verschleppt worden, teilte die Polizei mit. Die Geiselnehmer hätten die Wachmänner vor dem Gebäude überwältigt und gefesselt und seien dann ins Gebäude eingedrungen. Ein Orascom-Sprecher erklärte lediglich, die Entführung sei nicht politisch motiviert. Neben Extremisten-Organisationen haben im Irak auch immer wieder kriminelle Gruppen Ausländer in ihre Gewalt gebracht, um ein Lösegeld zu erpressen. Zu den Entführungen in der Rebellenhochburg Falluja wurden zunächst keine Einzelheiten bekannt. Es war auch unklar, ob es sich bei den Verschleppten um Ausländer oder Iraker handelte.
Damit setzte sich eine Serie von Geiselnahmen fort, die die US-gestützte Übergangsregierung im Irak vor zusätzliche Probleme stellt. In den vergangenen sechs Monaten sind in dem Golfstaat mehr als einhundert Ausländer als Geiseln genommen worden, etwa 30 von ihnen wurden getötet. Bisher wurden die Ausländer meist auf der Straße entführt. Die gezielte und geplante Verschleppung aus Büros oder Privathäusern, wie auch im Fall des Briten Kenneth Bigley und der beiden Amerikaner sowie der beiden Italienerinnen, ist eine neue Entwicklung.
Bigley war vor einer Woche gemeinsam mit zwei US-Bürgern aus einer Villa in Bagdad entführt worden. Zu der Tat bekannte sich die Gruppe al-Tawhid wa al-Jihad des jordanischen Moslem-Extremisten Abu Mussab al-Zarqawi. Die beiden US-Geiseln wurden getötet, Videos ihrer Hinrichtung tauchten im Internet auf. Die Entführer hatten gefordert, alle irakischen Frauen aus zwei Gefängnissen des Landes zu entlassen, und mit der Hinrichtung aller drei Geiseln gedroht.
Die britische Regierung hatte Verhandlungen mit Zarqawis Gruppe trotz Hilfs-Appellen Bigleys und seiner Familie ausgeschlossen. Am Freitag wandten sich die Angehörigen Bigleys, der Halb-Ire ist, mit Bitte um Hilfe an den irischen Ministerpräsidenten Bertie Ahern. Der irische Oppositionspolitiker und Parlamentsabgeordnete Michael Higgins bot außerdem eine Vermittlungsreise in den Irak an, um das Leben Bigleys zu retten.
Der Ministerpräsident der irakischen Übergangsregierung, Iyad Allawi, hatte die USA und ihre Koalitionspartner am Donnerstag in Washington aufgefordert, den Extremisten auch angesichts der Geiselnahmen nicht nachzugeben. Aufständische hätten Amerikaner, Briten und andere angegriffen, um wichtige internationale Hilfe zu verhindern. Ich weiß, welche Schmerzen das bereitet, sagte er. Die Koalition müsse jedoch standhaft bleiben, auch wenn es schwierig sei. Wenn Regierungen mit Terroristen verhandeln, leiden alle in der freien Welt. Wenn Politiker angesichts des Terrorismus die Glocken der Resignation läuten, wird das nur noch mehr Gewalt provozieren.