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Irak: Washington überprüft militärischen Kurs

Drei Wochen vor den geplanten Wahlen im Irak überprüft Washington seinen militärischen Kurs - währenddessen töteten Aufständische erneut neun amerikanische Soldaten.

In einem außergewöhnlichen Schritt will Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nach einem Bericht der „New York Times“ kommende Woche den hoch angesehenen pensionierten Vier-Sterne-General Gary Luck in den Irak entsenden, um alle Bereiche des Einsatzes zu untersuchen. In Paris wuchs die Sorge um eine Journalistin und ihren Übersetzer, die seit dem Verlassen ihres Hotels in Bagdad Mittwoch Früh verschwunden sind.

General Luck solle alle Facetten des Militäreinsatzes untersuchen – von der US-Truppenpräsenz bis hin zu Strategien zur Niederschlagung des Aufstandes, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf hochrangige Pentagon-Beamte. Rumsfelds Schritt spiegele die tiefe Besorgnis über die Entwicklung im Irak und über die Auswirkungen auf die Streitkräfte wider. Vor wenigen Tagen hatte der Kommandeur der Heeresreserve, James Helmly, gewarnt, die Streitkräfte seien wegen „verfehlter“ Maßnahmen des Pentagon total überlastet.

In den USA begann derweil der Prozess gegen den mutmaßlichen Rädelsführer der Gefangenenmisshandlungen von Abu Ghraib, den Heeresreservisten Charles Graner, mit der Geschworenenauswahl. Graner ist der erste von sieben US-Soldaten, denen wegen der Vorgänge in dem irakischen Gefängnis auf amerikanischem Boden der Prozess gemacht wird. Er ist der Vater des im Oktober geborenen Kindes der US-Soldatin Lynndie England.

Die beiden sind auf zahlreichen Fotos bei der Misshandlung von Gefangenen zu sehen, die im vergangenen Jahr um die Welt gingen. In der kommenden Woche müssen sich erstmals auch vier britische Soldaten wegen Gewalttaten im Irak – vor Militärgerichten in Hohne in der Lüneburger Heide und in Osnabrück – verantworten.

Die französische Regierung zeigte sich unterdessen beunruhigt über das Verschwinden der Reporterin Florence Aubenas (43) von der Pariser Zeitung „Libération“. Staatspräsident Jacques Chirac sagte, Frankreich werde alle Hebel in Bewegung setzen, um Aubenas wiederzufinden. Erst kurz vor Weihnachten waren die Reporter Christian Chesnot und Georges Malbrunot aus viermonatiger Geiselhaft im Irak freigekommen.

Die zentrale Wahlkommission teilte am Freitag in Bagdad mit, ihre Vorbereitungen für die Wahlen seien weitgehend abgeschlossen. Die Iraker sollen am 30. Jänner die 275 Mitglieder eines verfassungsgebenden Parlamentes sowie Ratsversammlungen in den 18 Provinzen und ein Regionalparlament für die drei kurdischen Nordprovinzen wählen. Die Kurdenparteien zogen ihren Boykottaufruf für die Provinzwahlen in der ölreichen nordirakischen Stadt Kirkuk zurück.

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