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Irak: Unruhige Regierungsbildung

Zwei Tage vor der erwarteten Vorstellung der neuen irakischen Regierung hat die Gewalt im ganzen Land unvermindert angehalten. Mindestens 18 Menschen starben.

Mindestens 18 Menschen wurden am Donnerstag bei Anschlägen und Überfällen getötet. Ein Polizeichef entging nur knapp einem Mordanschlag. Bewaffnete stoppten am Morgen in Bagdad einen Kleinbus und erschossen alle acht irakischen Insassen, wie die Polizei mitteilte. Der designierte Ministerpräsident Nuri al-Maliki will am Samstag sein Kabinett vorstellen. Seit den allgemeinen Wahlen vom Dezember waren die schiitischen, kurdischen und sunnitischen Parteien unfähig, eine Einigung über die Machtteilung herbeizuführen.

Bei den Opfern des Kleinbus-Überfalls handelt es sich um den Fahrer sowie sieben Automechaniker, die auf dem Weg zur Arbeit waren. Die Insassen wurden nach Polizeiangaben gezwungen, aus dem Bus auszusteigen. Anschließend wurden sie von den Angreifern einer nach dem anderen getötet. Bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe wurden im Norden der Hauptstadt drei Polizisten und fünf Passanten getötet sowie neun weitere Menschen verletzt. In Basra überlebte Polizeichef General Hassan Swadi einen versuchten Mordanschlag, als neben seinem Konvoi ein Sprengsatz detonierte.

Bei weiteren Kämpfen und Anschlägen wurden landesweit mindestens zehn weitere Menschen getötet. Im Westen des Landes wurden 15 Taekwondo-Athleten entführt, die auf dem Weg zu einem Trainingslager im benachbarten Jordanien waren. Das irakische Olympische Komitee verhandelte nach eigenen Angaben mit den Kidnappern über eine Freilassung der Sportler.

Ein US-Abgeordneter hat im Zusammenhang mit dem Tod von 15 Zivilisten im Irak schwere Anschuldigungen gegen die US-Armee erhoben. Nach einem Attentat auf US-Truppen in Haditha im vergangenen November hätten die Soldaten nach dem Tod eines ihrer Kameraden “überreagiert“ und „kaltblütig unschuldige Zivilisten“ getötet, sagte der ehemalige Armeeoffizier John Murtha vor Journalisten in Washington. Die Zivilisten seien nicht, wie von der Armee offiziell erklärt, durch eine am Straßenrand detonierte Bombe, sondern durch Schüsse aus nächster Nähe getötet worden, sagte Murtha. Das „Time Magazine“ hatte unter Berufung auf Menschenrechtsverfechter und Augenzeugen die offizielle Armeeversion des gewalttätigen Vorfalls bereits Ende März in einem Bericht in Frage gestellt. Demnach waren die 15 Zivilisten, unter ihnen Frauen und Kinder, getötet worden, als US-Soldaten in ihre Häuser eindrangen und das Feuer eröffneten. In Wahrheit sei es „noch viel schlimmer“ als vom „Time Magazine“ berichtet gewesen, sagte Murtha. Der Vietnam-Veteran ist ein erklärter Gegner des Irak-Kriegs.

In den drei Jahren seit Beginn des Krieges wurden im Irak mindestens 439 Ausländer entführt. Das teilte eine Sondereinsatzgruppe der US-Botschaft in Bagdad am Donnerstag mit. Unter den Entführungsopfern waren demnach 165 Mitarbeiter von Privatfirmen, 63 Fahrer, 39 Journalisten, 23 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und 15 Diplomaten. Der Beruf von 93 Geiseln ist unbekannt.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld weigerte sich unterdessen, dem Kongress Zusagen für einen größeren Truppenabzug aus dem Irak noch in diesem Jahr zu machen. Er könne nicht versprechen, dass es bis Jahresende zu einem Truppenabzug von größerem Ausmaß kommen werde, sagte der Minister am Mittwoch vor einem Senatsausschuss auf entsprechende Fragen von Senatoren. Der Senat hatte im vergangenen Jahr für 2006 eine deutlich verringerte US-Truppenpräsenz im Irak gefordert. Die USA reduzierten bisher die Zahl ihrer Soldaten im Irak von etwa 160.000 auf 132.000.

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