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Irak: UNO-Pläne hängen am seidenen Faden

Die Zeit drängt. In spätestens sechs Monaten sollen im Irak die ersten Wahlen stattfinden. Die Vereinten Nationen haben für diese entscheidende Phase Hilfe versprochen.

Doch ohne militärischen Schutz für die UNO-Mitarbeiter hängt die geplante Mission am seidenen Faden. „Sicherheit ist unsere erste Priorität, unsere zweite Priorität, unsere dritte Priorität“, macht der Irak-Beauftragte der Vereinten Nationen und designierte Missionschef, Ashraf Jehangir Qazi, unmissverständlich klar. Generalsekretär Kofi Annan versucht seit mehr als sechs Wochen, eine Schutztruppe für die Wahlhelfer auf die Beine stellen. Bisher ohne Erfolg.

Nicht ein einziges Land hat fest zugesagt zu helfen, bestätigte ein UNO-Sprecher in New York. Nur Nepal, Georgien, die Ukraine und Pakistan sollen ein „gewisses“ Interesse bekundet haben. Inzwischen wirbt auch der irakische Übergangs-Premier Iyad Allawi unter den moslemischen Nachbarländern für Sicherheitskräfte, die lediglich der UNO-Mission zur Verfügung stehen sollen. Unverständlich ist in UNO-Kreisen auch das entschiedene „Nein“ von europäischen Ländern wie Frankreich, Deutschland und Russland. Sie hatten sich im Weltsicherheitsrat am lautesten für eine einflussreiche UNO-Rolle beim politischen Aufbau des Landes eingesetzt.

Im Irak läuft die Zeit davon.
Die „Nationalkonferenz“, die einen Nationalrat zur Aufsicht der Übergangsregierung bestimmen soll, ist bereits verspätet. Selbst die Ernennung des pakistanischen Diplomaten Qazi durch Annan dauerte zwei Wochen länger als angekündigt. Er soll vorerst nur mit zehn Wahl- und einem Menschenrechtsexperten sowie einigen Spezialisten für Sicherheitsfragen und humanitäre Hilfe nach Bagdad reisen. Doch selbst Qazis angepeilter Arbeitsbeginn Anfang August ist noch nicht sicher. „Wir prüfen die Lage im Irak von Tag zu Tag“, heißt es in New York wie vom Band.

Annan ist noch vom Bombenanschlag auf das UNO-Quartier in Bagdad im vergangenen August traumatisiert und scheut ein weiteres Risiko. Unter den 22 Toten der Selbstmordattacke war auch Qazis Vorgänger, der Brasilianer Sergio Vieira de Mello, ein persönlicher Freund Annans, der als möglicher Nachfolger im Amt des Generalsekretärs angesehen wurde. Die nötigen Sicherheitsvorkehrungen für Qazis insgesamt 20-köpfige Mannschaft werde er wohl arrangieren können, sagte Annan. Für ein größeres UNO-Team aber, das alle im Mandat des Weltsicherheitsrates beschriebenen Aufgaben erfüllen könnte, brauchen die Vereinten Nationen später einmal bis zu 3000 bewaffnete Soldaten.

Die Bitte an Washington, eine Truppe aus US-Soldaten für die UNO-Mission bereit zu stellen, würde den Vereinten Nationen im Irak von vornherein die Hände binden, heißt es in diplomatischen Kreisen. Qazi sei auch ohne amerikanischen Schutz schon reichlich gefordert, die Unabhängigkeit der Weltorganisation von der amerikanischen Besatzungsmacht zu beweisen. Außerdem gelte es, die Verbitterung der Iraker über 13 Jahre einschneidende Wirtschaftssanktionen – und nun auch noch den Korruptionsskandal im Zusammenhang mit dem UNO-Hilfsprogramm “Öl für Nahrungsmittel“ zu überwinden.

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