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Irak: Uneinigkeit in Übergangsregierung

In der irakischen Übergangsregierung unter dem Ministerpräsidenten Iyad Allawi herrscht derzeit Uneinigkeit über das weitere Vorgehen.

Am Montag wurde in Bagdad wieder eine Pressekonferenz, auf der neue Sicherheitsgesetze und eine begrenzte Amnestie für Aufständische angekündigt werden sollten, kurzfristig abgesagt. Der radikale Schiitenführer Muktada al Sadr gab bekannt, dass er seinen Widerstand fortzusetzen entschlossen sei.

Es war nicht das erste Mal, dass die Übergangsregierung, der von der US-Besatzungsmacht Ende Juni formal die Souveränität übertragen worden ist, die Kundmachung neuer Gesetze verschob, zu denen auch die Verhängung des Kriegsrechts in einigen Landesteilen gehören sollte. Äußerungen aus Regierungskreisen deuteten auf Differenzen hin. So erklärte ein Sprecher Allawis, die angekündigte Amnestie könne auch für Aufständische gelten, die US-Soldaten getötet hätten. Der für Sicherheitsfragen zuständige Vizepremier Bahram Saleh nannte diese Aussage „sehr erstaunlich“. Die Regierung müsse standhaft bleiben gegen diejenigen, die Verbrechen gegen das irakische Volk und gegen die Koalitionsstreitkräfte begangen hätten.

Das in Aussicht gestellte „Gesetz zum Schutz der Nationalen Sicherheit“ soll den Premier ermächtigen, in Teilen des Landes oder im ganzen Land für eine befristete Zeit den Notstand auszurufen. Den ausländischen Truppen kann die Regierung allerdings keine Befehle erteilen. Für großräumige Operationen der irakischen Streitkräfte kann der Premier die Unterstützung der US-geführten Koalitionstruppen anfordern. Derzeit stehen 160.000 ausländische Soldaten im Irak, davon 138.000 US-Amerikaner.

Uneinigkeit herrscht auch in der Frage einer Stationierung arabischer Truppen im Land ab. Sowohl Allawi als auch die schiitischen und kurdischen Regierungsmitglieder seien gegen jede Entsendung arabischer Truppen, da sie dadurch eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses zu Gunsten der arabischen Sunniten befürchteten, berichtete die arabische Zeitung „Al Hayat“. Außenminister Hoshiyar Zebari hatte am Sonntag erklärt, er begrüße zwar das Angebot der jemenitischen Regierung, sei aber gegen eine militärische Beteiligung von Nachbarstaaten des Irak, womit er auf Jordanien anspielte. Der Jemen hatte seine Bereitschaft, militärische Einheiten in den Irak zu entsenden, vom Abzug der US-geführten Koalitionstruppen abhängig gemacht.

Muktada al Sadr bezeichnete die Interimsregierung in einer von seinem Büro in Najaf verbreiteten Erklärung als „illegitim“. „Wir geloben dem irakischen Volk und der Welt, dass wir den Widerstand gegen Unterdrückung und Besatzung bis zum letzten Blutstropfen fortsetzen werden“, hieß es in der Erklärung. Noch am 12. Juni hatte Sadr Dialogbereitschaft mit der neuen Regierung signalisiert. Er sei zu einem Dialog bereit, wenn sie auf ein Ende der US-Militärpräsenz hinarbeite. In der neuen Erklärung hieß es nun, die gegenwärtige Regierung sei illegitim und illegal. „Wir fordern die völlige Souveränität und Unabhängigkeit mittels ehrlicher Wahlen“. Sadrs Miliz „Mahdi-Armee“ leistete seit April Widerstand gegen die US-Truppen. Die Kämpfe in der den Schiiten heiligen Stadt Najaf wurden im vergangenen Monat mit einer Waffenruhe beendet. Die US-Truppen erklärten, sie würden das weitere Vorgehen gegen den von ihnen per Haftbefehl gesuchten Sadr der Übergangsregierung überlassen.

Im Südirak wurden auch wieder Angriffe auf Ölpipelines verübt. Sie führten dazu, dass der irakische Ölexport praktisch halbiert wurde. In einem Fall hatten Diebe am Samstag versucht, eine Pipeline anzuzapfen und diese dabei schwer beschädigt. Die Pipeline wurden danach abgeschaltet. Die Reparaturarbeiten können mehrere Tage dauern. Südlich von Bagdad wurde ein Anschlag auf eine Erdölleitung von einem Fördergebiet im Norden zum Hafen im Süden des Landes verübt. In der südirakischen Hafenstadt Basra beschossen Aufständische am Montag ein Regierungsgebäude mit Raketen. Die Geschosse verfehlten ihr Ziel und trafen nahe gelegene Wohnhäuser. Dabei wurde ein Mensch getötet, sieben weitere wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte.

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