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Irak: Selbstmordattentat in Bagdad

Mit einem Autobombenanschlag nahe der Bagdader Zentrale der Partei „Irakische Nationale Eintracht“ von Ministerpräsident Allawi haben Aufständische sechs Tage vor den Wahlen erneut ihre Schlagkraft demonstriert.

Bei der Explosion wurden mindestens zwei Menschen getötet und zehn weitere verletzt, darunter acht Polizisten. Ein Selbstmordattentäter sprengte den Wagen neben einer Kontrollstelle an der Zufahrt zu dem Parteihauptquartier in die Luft.

Zu dem Anschlag bekannte sich die Gruppe des jordanischen Extremisten Abu Mussab al-Zarqawi (Sarkawi). US-Botschafter John Negroponte gab zu, dass die Sicherheitslage im so genannten sunnitischen Dreieck westlich und nördlich von Bagdad noch immer ausgesprochen problematisch sei. „Aber sogar dort werden große Anstrengungen unternommen, jedem wahlberechtigten Iraker die Stimmabgabe zu ermöglichen“, sagte Negroponte im TV-Sender „Fox“.

Auf die Parteizentrale Allawis war schon vor drei Wochen ein Selbstmordanschlag verübt worden, der vier Menschen das Leben kostete. Das Gebäude befindet sich unweit der schwer bewachten „Grünen Zone“, wo auch die US-Streitkräfte ihr Hauptquartier haben. In dem im Internet veröffentlichten Bekennerschreiben der Zarqawi-Gruppe wurde Allawi als „Agent der Juden und Christen“ bezeichnet. Der Angriff auf die „Partei der Heuchler“ sei erfolgreich verlaufen. Parteimitglieder wurden nach INA-Angaben bei dem Anschlag aber nicht verletzt.

Übergangs-Präsident Ghazi al-Yawar rief die Bevölkerung neuerlich zur Teilnahme an der Abstimmung kommenden Sonntag auf. Die Iraker müssten wissen, dass die Wahl ihrer Repräsentanten nicht nur ihr Recht, sondern auch „nationale Pflicht“ sei, sagte er in einem Interview des libanesischen Fernsehens. Gleichzeitig forderte der Interimspräsident, die politischen Spitzenpositionen sollten nach der Wahl anders als bisher nicht nach der ethnisch-religiösem Proporz, sondern ausschließlich nach Qualifikation vergeben werden.

In Beji quittierten 25 Polizisten den Dienst, als ihnen mitgeteilt wurde, dass sie Wahllokale bewachen sollen. Am gestrigen Sonntag hatten Aufständische bereits einen Sprengsatz vor einem Wahllokal in Hilla, 100 Kilometer südlich von Bagdad, gezündet und dabei nach Polizeiangaben einen Wächter getötet. Aufständische haben in der Nacht auf Montag Anschläge auf mindestens drei Wahllokale in der nordirakischen Provinz Salaheddin verübt. Wie die Polizei in Tikrit bestätigte, wurde eine als Wahllokal dienende Schule bei Duluia mit Raketen beschossen. Vor einer weiteren Schule im Zentrum von Tikrit explodierte ein Sprengsatz, während eine Lehranstalt in Tuz durch vier Explosionen erschüttert wurde. Personen kamen bei den Anschlägen nicht zu Schaden. Aufständische beschossen einen US-Stützpunkt in der Stadt Kaim an der Grenze zu Syrien. Nach Angaben der örtlichen irakischen Polizei seien ein Brand und eine große Rauchwolke zu beobachten gewesen.

In der Hauptstadt Bagdad wurde abermals ein Polizeioffizier aus einem vorbeifahrenden Auto heraus erschossen. Wie die amerikanischen Streitkräfte am Sonntagabend mitteilten, wurde bereits am Samstag in Mossul ein weiterer US-Soldat getötet. Bei einem Mörserangriff in Samarra wurden drei US-Soldaten verletzt.

Der irakische Botschafter in Österreich, Tariq Aqrawi, erklärte in einem Gespräch mit der APA, der bewaffnete Konflikt sei „keine Auseinandersetzung zwischen ethnischen oder religiösen Gruppen“, sondern „eine Auseinandersetzung zwischen demokratisch denkenden und anti-demokratisch denkenden Kräften“. Ein Hinauszögern der Wahl wegen der Zunahme der Gewalt hätte die Probleme nur vermehrt, ist der Kurde Aqrawi überzeugt. „Je näher wir zu den Wahlen kommen, zu diesem Wandel, zu dieser Gelegenheit für eine neue irakische Demokratie, umso mehr Anschläge gibt es“, so der Diplomat. Über die Dauer der US-Militärpräsenz lasse sich keine Voraussage machen. Nach 2005 werde es Sache der neuen Bagdader Regierung sein, „in Verhandlungen (mit den USA) einen Weg zu finden, wie man diesen souveränen irakischen Staat wirklich souverän machen kann und wie lange dann die Amerikaner bleiben“.

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