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Irak: Rebellen enthaupteten britische Geisel

Die Extremisten-Gruppe um den Al-Kaida-Verbündeten Abu Musab al Zarqawi im Irak hat ihre britische Geisel Kenneth Bigley hingerichtet. Ein Bruder Bigleys bestätigte den Tod ebenso wie die britische Regierung.

Außenminister Jack Straw sagte am Freitagabend in London, Bigley sei „barbarisch ermordet“ worden. Straw sprach der Familie Bigleys sein Beileid aus. Mit ihr habe das ganze Land „drei qualvolle Wochen“ hinter sich.

Der Mord ist auf einem Video zusehen, das am Freitag von moslemischen Extremisten veröffentlicht und von Journalisten gesehen wurde. Sechs vermummte Männer seien auf dem Video hinter dem vor ihnen knienden Bigley zu sehen, hieß es. Einer halte eine etwa eine Minute lange Ansprache. Dann trete er hervor, ziehe ein Messer aus seinem Gürtel und schneide der von drei Mann festgehaltenen Geisel den Kopf ab.

Rebellen in Falluja zufolge wurde Bigley am Donnerstagnachmittag in Latifiya, einer mehrheitlich von Sunniten bewohnten Stadt südwestlich von Bagdad, getötet worden. Bei einem Luftangriff auf die Rebellenbastion Falluja tötete die US-Armee nach eigenen Angaben in der Nacht zum Freitag elf Anhänger Zarqawis. Bewohnern zufolge wurde hingegen eine Hochzeitsgesellschaft bombardiert.

Bigley war am 16. September gemeinsam mit zwei US-Amerikanern aus einem Haus in der irakischen Hauptstadt Bagdad entführt worden. Die beiden anderen Geiseln hat die Gruppe bereits ermordet. Auf den Videobildern trägt Bigley einen orangefarbenen Trainingsanzug, wie ihn die Gefangenen auf dem US-Stützpunkt Guantanamo Bay in Kuba tragen müssen. In Guantanamo halten die USA Gefangene ihres Kampfes gegen den internationalen Terrorismus fest.

„Wir können bestätigen, dass die Familie nun absolute Gewissheit hat, dass Ken Bigley hingerichtet worden ist“, erklärte Bigleys Bruder Phil im Fernsehen. Bigleys Bruder Paul machte in einer ersten Reaktion den britischen Premierminister Tony Blair für die Tat verantwortlich. „Mr. Blair hat Blut an seinen Händen“, schrieb Paul Bigley an britische Gegner des Irak-Krieges. „Bitte stoppt den Krieg und verhindert den Verlust weiterer Menschenleben.“

Der britische Fernsehsender Sky TV berichtete unter Berufung auf Regierungskreise auch von der Ermordung der Geisel, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Dem arabische Sender Abu Dhabi Television lag das Band nach eigenen Angaben ebenfalls vor. Er verweigerte aber eine Ausstrahlung, weil er sich nicht zum Sprachrohr der Täter machen wolle, und sprach den Angehörigen Bigleys sein Mitgefühl aus.

Kenneth Bigley hatte mehrfach in Videobotschaften an den Blair appelliert, sich für sein Leben einzusetzen. „Ich bitte Sie um mein Leben, haben Sie Mitleid, bitte“, hatte Bigley zuletzt in einem in der vergangenen Woche veröffentlichten Video gesagt. Blair erklärte stets, seine Regierung werde nicht mit Geiselnehmern verhandeln. Der Regierungschef steht wegen seiner Irak-Politik innenpolitisch stark unter Druck. Die Entführer forderten eine Freilassung aller weiblichen irakischen Gefangenen aus US-Haft. Der US-Armee zufolge sitzen in ihren Haftanstalten im Irak aber nur zwei Frauen, die im Zusammenhang mit dem Programm für Massenvernichtungswaffen des gestürzten Machthabers Saddam Hussein festgenommen wurden.

Für Bigley hatte sich unter anderen auch der libysche Staatschef Muammar Gaddafi eingesetzt. Einer seiner Söhne hatte am Mittwoch erklärt, die kommenden 48 Stunden seien für Bigleys Schicksal entscheidend.

Die USA bezeichnen Zarqawi als ihren ärgsten Feind im Irak. Seine Rebellengruppe hat sich zu zahlreichen Anschlägen und der Ermordung von mindestens vier ausländischen Geiseln bekannt. Viele seiner Anhänger sollen sich in der Stadt Falluja verschanzt halten, die das US-Militär in der Nacht erneut bombardierte.

Das Militär berichtete von einem „Präzisionsangriff“, bei dem elf Gefolgsleute Zarqawis getötet worden seien. Sie hätten sich in der Nacht in einem Haus getroffen, welches das Militär aus der Luft angriff. Anwohnern und Ärzten zufolge wurde in dem Haus dagegen eine Hochzeit gefeiert. Es habe neben den Toten auch 17 Verwundete gegeben, darunter neun Frauen und Kinder. Der Bräutigam sei bei dem Angriff getötet, die Braut verletzt worden. Fernsehbilder der Nachrichtenagentur Reuters zeigten vier verletzte Frauen in einem Krankenhaus. „Wir feierten gerade die Hochzeit meines Cousins und meine Verwandten waren deswegen in diesem Haus“, berichtete Suad Mohammed. „Die Hochzeit war gegen 22.00 Uhr vorbei, aber es standen noch einige Leute vor dem Haus, als das Bombardement losging“, sagte die junge Frau, die Verletzungen an Brust und Schulter erlitt. „Ich verlor das Bewusstsein und wachte im Krankenhaus auf.“

Blair empfindet “Abscheu”

Der britische Premierminister Tony Blair hat am Freitagabend „Abscheu“ über die Ermordung des Briten Kenneth Bigley im Irak ausgedrückt. In einer im Fernsehen verbreiteten kurzen Erklärung sprach Blair der Familie des Opfers sein Beileid aus.

Blair, der erst wenige Stunden zuvor von einer Afrikareise zurückgekehrt war, gab seine Erklärung von seinem Landsitz Chequers ab. Er empfinde „großen Abscheu“ für die Entführer, die drei Wochen lang mit dem Schicksal von Bigley „gespielt“ hätten. Ihre Taten dürften aber nicht Oberhand über Menschen wie Kenneth Bigley gewinnen, die dem irakischen Volk helfen wollten, sagte Blair.

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