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Irak: Mord von Allawi-Verwandten droht

Eine radikal-islamische Gruppe hat im Irak zwei Verwandte von Regierungschef Iyad Allawi entführt und mit ihrer Ermordung gedroht, wenn die Offensive auf Falluja nicht binnen 48 Stunden gestoppt wird. 

Ein Sprecher Allawis betonte am Mittwoch, die Regierung werde sich von „terroristischen Verbrechern“ nicht in ihrem Anti-Terror-Kampf beirren lassen. Die US-Armee setzte ihren Vorstoß in der sunnitischen Widerstandshochburg Falluja fort und kontrollierte nach eigenen Angaben bereits fast drei Viertel der Stadt. Augenzeugen berichteten hingegen, dass die US-Armee nur etwa 40 Prozent der Stadt kontrolliere. Bewaffnete Rebellen besetzten unterdessen große Teile der nordirakischen Stadt Mossul (Mosul).

Den US-Truppen in Falluja ist es jedenfalls trotz intensiver Unterstützung aus der Luft und durch Artillerie am Mittwoch noch nicht gelungen, den Widerstand in der Stadt zu brechen. „Wir haben das Zentrum Jolans erreicht“, sagte US-Major Clark Watson. Man könne aber noch nicht sagen, dass der Stadtbezirk unter Kontrolle sei. Jolan gilt als Bastion der Rebellen in der Stadt. Als Reaktion auf die Offensive entführten offenbar moslemische Extremisten Verwandte von Allawi.

Nach Angaben von Allawis Sprecher entführten Bewaffnete am Dienstagabend in Bagdad den 75-jährigen Cousin des Regierungschefs, Ghasz Allawi, und dessen Schwiegertochter. Ein Sprecher von Allawis Partei hatte zuvor gesagt, auch die Ehefrau des Cousins sei verschleppt worden. Eine bisher unbekannte Gruppe namens „Gruppe der Dschihad-Partisanen“ bekannte sich im Internet zu der Entführung. Sie drohte mit der Ermordung der Geiseln, sollte die Offensive auf Falluja nicht binnen 48 Stunden gestoppt und alle irakischen Gefangenen aus den Gefängnissen freigelassen werden.

Das Militär habe bereits 70 Prozent von Falluja unter Kontrolle, sagte ein US-Offizier am Mittwoch. Es gebe in der Stadt aber nach wie vor eine Reihe von „Widerstandsnestern“. Die Rebellen hätten sich im Süden der Stadt neu gruppiert. Nach Angaben von Armeesprecher Francis Piccoli rückte die Armee „Straße um Straße, Haus um Haus vor“. Sollte der Vorstoß weiter wie geplant ablaufen, könne die Stadt in zwei Tagen vollständig unter Kontrolle sein, sagte ein ranghoher US-Offizier.

Seit Beginn der Großoffensive in Falluja am Montagabend wurden bei den Kämpfen nach US-Angaben mindestens elf US-Soldaten und zwei irakische Soldaten getötet. Auch zahlreiche Rebellen seien bei den Kämpfen ums Leben gekommen. Zu möglichen Opfern unter der Zivilbevölkerung gab es keine Angaben. Ein US-Armeesprecher warf den Rebellen vor, sich in Moscheen zu verschanzen und von dort aus auf die Soldaten zu schießen. Im Norden der Stadt gingen die Kämpfe weiter. Heftige Explosionen waren zu hören.

Zahlreiche Bewaffnete besetzten am Mittwoch große Teile der mehrheitlich von Sunniten bewohnten nordirakischen Stadt Mossul. Die Polizeikräfte der Stadt verbarrikadierten sich auf ihrer Wache. In den Straßen waren mit Raketenwerfern und automatischen Gewehren bewaffnete Männer zu sehen. Rebellen errichteten Straßensperren. Zuvor hatten sich US-Soldaten und Aufständische heftige Gefechte im Osten der Stadt geliefert. Bei einem Angriff auf eine Patrouille wurden vier Polizisten und zwei irakische Passanten getötet. Wie Augenzeugen weiter berichteten, attackierten die Aufständischen außerdem zwei türkische Tanklastwagen. Sie zündeten eines der Fahrzeuge an und verschleppten die beiden türkischen Fahrer.

In Baiji 200 Kilometer nördlich von Bagdad wurde eine Ausgangssperre verhängt, nachdem dort bis Mittwochmittag binnen 24 Stunden zehn Menschen bei Kämpfen getötet und 26 weitere verletzt worden waren. Nach Angaben der Stadtverwaltung errichteten die Sicherheitskräfte Kontrollstellen an den Zufahrtsstraßen, Patrouillen überwachten die Einhaltung der Ausgangssperre. Rebellen hatten in der Stadt am Dienstag eine Patrouille irakischer Nationalgardisten und US-Soldaten angegriffen. Bei anschließenden Kämpfen wurden mindestens drei Häuser zerstört.

Bei Angriffen in Samarra und Baakuba nördlich von Bagdad wurden mindestens vier Menschen getötet. Bei Bombenanschlägen in der Ortschaft Tus im Norden des Irak kamen sechs Mitglieder der Nationalgarde ums Leben.

US-Präsident George W. Bush äußerte sich mit Blick auf die Großoffensive in Falluja siegessicher. Den in der Stadt verschanzten Rebellen werde es nicht gelingen, die Demokratie aufzuhalten, sagte er am Dienstag nach einem Besuch bei verwundeten Soldaten in einem Krankenhaus in Washington. Die US-Armee geht davon aus, dass die meisten Rebellenchefs, darunter auch der jordanische Extremistenführer Abu Musab al-Zarqawi, inzwischen aus Falluja geflohen sind.

Drei entführte Jordanier wieder frei

Drei in der vergangenen Woche im Irak entführte jordanische Lastwagenfahrer sind am Dienstag freigekommen. Ein vierter Lastwagenfahrer war getötet worden, als er vor den Angreifern fliehen wollte.

Ihr Mann habe sie von der irakisch-jordanischen Grenze aus angerufen und gesagt, die Geiselnehmer hätten ihn und seine beiden Kollegen ohne Zahlung von Lösegeld freigelassen, sagte Ihlass Haddad, die Ehefrau eines der Entführten, der Nachrichtenagentur AFP.

Die Firma, bei der die drei Männer arbeiteten, hatte zuvor mitgeteilt, ihre Aktivitäten im Irak zu beenden. Das jordanische Außenministerium machte die Verschleppung der Männer in der vergangenen Woche publik. Ein vierter Lastwagenfahrer war getötet worden, als er vor den Angreifern fliehen wollte.

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