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Irak: Konstituierende Parlamentssitzung

Mit einer Lesung aus dem Koran ist am Donnerstag die konstituierende Sitzung des irakischen Parlaments eröffnet und nach nur 30 Minutan auch schon wieder beendet worden.

Drei Monate und einen Tag nach ihrer Wahl am 15. Dezember traten die Abgeordneten erstmals zusammen. Die Sitzung fand in einem Kongresszentrum in der schwer bewachten Grünen Zone in Bagdad statt. Viele Abgeordnete trugen traditionelle arabische oder kurdische Gewänder. Nach der Vereidigung der Abgeordneten vertagte sich die Volksversammlung fast sofort, weil für die Wahl eines Parlamentspräsidenten im Vorfeld kein konsensfähiger Kandidat gefunden worden war.

In ihrem Eid schworen die Abgeordneten, „die Unabhängigkeit und die Souveränität des Iraks zu wahren und für die Interessen seines Volkes einzutreten“. Eine schnelle Regierungsbildung zeichnete sich weiterhin nicht ab. An der konstituierenden Sitzung nahm auch der amerikanische Botschafter Zalmay Khalilzad teil.

Im Mittelpunkt der kurzen Sitzung stand der Appell des Alterspräsidenten, Adnan Pachachi, für einen Frieden im Irak. „Wir müssen der Welt zeigen, dass es künftig keinen Bürgerkrieg im Irak gibt“, sagte Pachachi in seiner Eröffnungsrede und warnte zugleich: „Das Risiko dafür besteht nach wie vor.“ Wie als Bestätigung dieser Worte kam es im Norden des Landes erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Bei einer Gedenkveranstaltung zum Jahrestag eines Giftangriffs 1988 auf Kurden im Nordirak starb einem Arzt zufolge ein Mensch, weil Sicherheitskräfte das Feuer auf gewalttätige Demonstranten eröffnet hatten. Die Proteste hatten sich an der schlechten Versorgungslage entzündet.

Obwohl die Abgeordneten nach der Rede Pachachis und ihrer Vereidigung ohne weitere Ergebnisse auseinander gingen, dauert die erste Sitzung offiziell bis zu einer erfolgreichen Regierungsbildung weiter an.

Am gestrigen Mittwoch waren die Vorstände der größten Parteien zu neuen Gesprächen unter Vermittlung des US-Botschafters zusammengetroffen. Ein Kompromiss wurde jedoch nicht erzielt. Umstritten ist vor allem, wer künftig Ministerpräsident werden soll. Die Mehrheitsfraktion der Schiiten hat Amtsinhaber Ibrahim al-Jaafari nominiert. Sunniten und Kurden sowie die Partei der säkularen Schiiten lehnen dies jedoch ab.

Vor der konstituierenden Sitzung wurden die Sicherheitsvorkehrungen in Bagdad massiv verschärft. Fahrzeuge wurden am Donnerstag aus der Innenstadt verbannt, um die Gefahr von Autobomben zu minimieren. Nach und nach zogen am Morgen die am 15. Dezember gewählten Abgeordneten in ihr Versammlungszentrum in der schwer bewachten Grünen Zone der Hauptstadt ein.

Im ganzen Land wurden die Sicherheitsverkehrungen auch im Hinblick auf das schiitische Aschura-Fest (Ashoura) verstärkt, insbesondere in den Pilgerstädten Kerbela und Najaf. Die US-Streitkräfte verlegten rund 700 zusätzliche Soldaten aus Kuwait in den südlichen Irak. Das Fest markiert den Abschluss einer alljährlichen 40-tägigen Trauerphase für den Enkel des Propheten Mohammed, Imam Hussein, der im Jahre 680 in Najaf getötet wurde. Bei den Feiern ist es in den vergangenen Jahren mehrfach zu tödlichen Anschlägen gekommen. Das diesjährige Fest findet am Montag statt. Es fällt also mit dem dritten Jahrestag des Irak-Kriegs zusammen.

Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete derweil, in Bagdad seien seit Mittwochabend 25 Leichen von Mordopfern entdeckt worden. Die männlichen Opfer seien sowohl in schiitischen als auch in sunnitischen Stadtteilen getötet worden. Den Angaben zufolge trugen sie alle Zivilkleidung, viele waren gefesselt. Seit dem Anschlag auf die Goldene Moschee von Samarra am 22. Februar ist die Gewalt zwischen den verschiedenen Religionsgruppen im Irak eskaliert.

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