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Irak: Kämpfe in Najaf beendet

Die Besatzungstruppen im Irak haben ihre Offensive gegen schiitische Milizen in der Stadt Najaf als Reaktion auf einen angekündigten Abzug von Kämpfern ausgesetzt.

In der wochenlang umkämpften irakischen Stadt Najaf beginnt sich das Leben nach einer vom radikalen Schiitenprediger Muktada al Sadr angebotenen Waffenruhe zu normalisieren. Die US-Zivilverwaltung im Irak nannte die Vereinbarung einen „sehr positiven Schritt“. Unterdessen drehte sich in Bagdad nach der Absage des bisherigen Favoriten für das Amt des Übergangs-Ministerpräsidenten das Kandidatenkarussell weiter. In New York stießen die USA mit ihren Vorstellungen für eine neue Irak-Resolution auf erheblichen Widerstand.

Der Sprecher der US-Zivilverwaltung, Dan Senor, begrüßte am Donnerstag die Vereinbarung zwischen Al Sadr und den irakischen Regierungsratsmitgliedern. Er bestand jedoch darauf, dass Al Sadr seine Miliz entwaffnen müsse. Nach der ersten Nacht ohne Gefechte waren im Zentrum der schiitischen Pilgerstadt am Donnerstag keine bewaffneten Al-Sadr-Anhänger mehr zu sehen. Dafür patrouillierten vereinzelt irakische Polizisten. Mehrere Geschäfte öffneten wieder, und die Schulen bereiteten sich auf eine Wiederaufnahme des Unterrichts vor.

Die Vereinbarung, die von Al Sadr persönlich unterzeichnet wurde, sieht unter anderem einen Abzug seiner Milizionäre von den heiligen Stätten vor. Alle Mitglieder der „Mahdi-Armee“, die nicht aus Najaf stammten, sollten demnach die Stadt verlassen. Ein Sprecher Al Sadrs sagte allerdings, die Milizionäre wollten erst dann endgültig abziehen, wenn klar sei, dass sich die Amerikaner an die Abmachungen hielten. Ob sich die US-Armee ihrerseits dauerhaft aus Najaf zurückzieht, war zunächst unklar.

In Bagdad musste nur wenige Tage vor der geplanten Ernennung der Übergangsregierung die Suche nach einem Ministerpräsidenten wieder aufgenommen werden. Ein Sprecher des UNO-Sondergesandten Lakhdar Brahimi erklärte, der favorisierte schiitische Atomwissenschaftler Hussein el Shahristani habe den Posten abgelehnt. Der Wissenschaftler bestätigte das, nannte aber keinen Grund für seine Entscheidung.

Brahimis Sprecher kritisierte in diesem Zusammenhang die USA. Amerikanische Regierungsvertreter hätten unvorsichtig gehandelt, indem sie Shahristanis Namen vor der Bekanntgabe genannt hätten. „Dadurch gefährdet man auch das Leben der Kandidaten“, sagte er.

Raja el Khusai, Mitglied des provisorischen Regierungsrats, sagte, die besten Aussichten auf das Amt hätten derzeit Erziehungsminister Ala el Alwan und das Regierungsratsmitglied Ijad Allawi, der früher Mitglied der Baath-Partei von Saddam Hussein war. Die Namen des Regierungschefs und der Minister sollen am Wochenende bekannt gegeben werden.

In New York stießen die USA unterdessen mit ihrem Entwurf für eine neue Irak-Resolution auf Kritik. Deutschland, Frankreich und weitere Mitglieder des Sicherheitsrates machten in der Nacht zum Donnerstag deutlich, dass sie Abstriche an der von Washington verlangten uneingeschränkten militärischen Macht im künftigen Irak erwarten.

Washington hatte in seinem am Montag vorgelegten Entwurf einer UNO-Resolution für die Zeit nach der formellen Machtübergabe das uneingeschränkte militärische Kommando verlangt. Die USA boten allerdings die “Überprüfung“ eines derart weit reichenden Mandats nach zwölf Monaten an. Dies sei ein „kaum verhüllter diplomatischer Trick“, erklärten europäische UNO-Diplomaten.

Dänemarks Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen kündigte einen Tag vor einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush an, dass er Kursänderungen in der amerikanischen Irak-Politik verlangt. So dürfe die Übertragung der Regierungsgewalt am 30. Juni „nicht nur kosmetischer Natur“ sein. Er wolle Bush an diesem Freitag auch persönlich übermitteln, dass die dänische Regierung Garantien für die Verhinderung neuer Folterskandale im Irak verlange.

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