Irak: Geiseln wahrscheinlich noch am Leben
Die beiden im Irak entführten Italienerinnen und die britische Geisel sind scheinbar noch am Leben. Diese Hoffnung nährte der jordanische König bzw. ein Angehöriger. Laut meinen Informationen sind beide Frauen am Leben. Wir arbeiten mit der Regierung in Rom für ihre Freilassung zusammen, sagte König Abdallah II. der Tageszeitung Corriere della Sera. Die Italienerinnen Simona Torretta und Simona Pari waren am 7. September in Bagdad entführt worden. Eine bisher unbekannte Gruppe hatte sich vor wenigen Tagen im Internet dazu bekannt, sie ermodet zu haben.
Auch für den im Irak entführten Brite Kenneth Bigley gibt es noch Hoffnung. Ich bin sicher, dass mein Bruder noch am Leben ist, wiederholte der Bruder Paul Bigley am Montag in einem BBC-Fernsehinterview. Der Bruder von Ken Bigley forderte den britischen Premierminister Tony Blair auf, die Entführer in einem Fax an den arabischen Fernsehsender Al Jazeera um Gnade zu bitten. Senden Sie eine Botschaft an Al Jazeera, sagte Paul Bigley. Sie müssen nicht mit Verbrechern verhandeln, das habe ich nie verlangt.
Der 62-jährige Ingenieur Ken war am 16. September zusammen mit zwei US-Bürgern in Bagdad verschleppt worden. Zu ihrer Entführung bekannte sich die Gruppe Al Tawhid wa al Jihad des jordanischen Extremistenführer Abu Musab al Zarqawi. Die Geiselnehmer fordern die Freilassung der im Irak inhaftierten irakischen Frauen. Die beiden Amerikaner wurden von ihnen inzwischen ermordet.
Bei Luftangriffen der US-Armee und Bombenanschlägen Aufständischer sind im Irak am Montag mindestens zehn Menschen getötet worden. Vier oder fünf irakische Männer kamen in der Nacht auf Montag nach Angaben der US-Armee bei Präzisionsangriffe auf den Bagdader Stadtteil Sadr City ums Leben. Nach Angaben von Ärzten wurden außerdem 46 verletzt. Vier irakische Bauern starben, als laut Polizei an einer Straße bei Bakuba eine Bombe explodierte. Bei einem Anschlag im nordirakischen Mosul wurden zwei irakische Soldaten getötet, sagten Sicherheitskräfte. Drei weitere Menschen wurden bei der Explosion verletzt. Auf die Polizeiakademie in Bagdad wurden in der Früh fünf Raketen abgefeuert. Verletzt wurde dabei laut Innenministerium jedoch niemand.
Unterdessen forderte der französische Außenminister Michel Barnier, bei der von US-Außenminister Colin Powell vorgeschlagenen internationalen Irak-Konferenz müsse auch über den Abzug der USA und ihrer Verbündeten aus dem Irak beraten werden. Im Land herrsche Chaos und allgemeine Unsicherheit, sagte er dem Radiosender France Inter. Der französische Außenminister mahnte in dem Interview, für die Durchführung der für Jänner geplanten Wahl im Irak sei ein Minimum an Sicherheit erforderlich. Die irakische Regierung hatte am Sonntag erstmals eingeräumt, dass die Wahl in den Hochburgen des Widerstands möglicherweise nicht stattfinden könne.
Angesichts der prekären Sicherheitslage im Irak zeigte sich die irakische Regierung bei der Vorbereitung der Wahl erfinderisch: Nach jüngsten Plänen soll die Registrierung der Wähler bei der Ausgabe von Lebensmittelkarten erfolgen, wie der UNO-Gesandte Carlos Valenzuela am Sonntagabend in Bagdad mitteilte.
Im Jänner soll außerdem der Prozess gegen die wegen Gefangenenmisshandlung im US-Militärgefängnis Abu Ghraib bei Bagdad angeklagte US-Soldatin Lynndie England stattfinden. England soll an ein Militärgericht überstellt werden. Einer ihrer Anwälte sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Prozess solle am 15. Jänner in Fort Bragg im US-Bundesstaat North Carolina beginnen. Die 21-Jährige war durch die Veröffentlichung drastischer Misshandlungsfotos zur Symbolfigur des Folterskandals geworden. Ihr drohen bis zu 38 Jahre Haft.