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Irak-Exilopposition berät Zukunft nach Hussein

Allein die Tatsache, dass die Konferenz der 300 irakischen Exil-Oppositionellen in London überhaupt stattfindet, dürfte schon als Erfolg gefeiert werden.

Denn immer wieder wurde das Treffen verschoben, die Tagesordnung geändert und die Teilnehmerliste erweitert oder verkleinert – 50 Oppositionsgruppen sind schwer unter einen Hut zu bringen. Und dabei soll von der Konferenz an diesem Wochenende doch vor allem eine zentrale Botschaft in die Welt gehen:
„Wir sind einig und bereit für den Machtwechsel.“

„Im derzeitigen Stadium reicht es schon, wenn sie zusammen gesehen werden“, sagte ein US-Diplomat vor dem Treffen der britischen Zeitung „Independent“. Ein Tagungsteilnehmer räumte gar ein, die Konferenz habe vor allem „Symbol-Wirkung“. Von dieser Wirkung ist zumindest im Irak wenig zu spüren, denn im Reich Saddam Husseins wird die Konferenz totgeschwiegen. Die irakischen Medien, die die Existenz einer irakischen Opposition generell leugnen und ihre prominenten Vertreter als Agenten des amerikanischen Geheimdienst beschimpfen, erwähnten das Treffen bisher mit keiner Silbe.

Dabei soll in London der Grundstein gelegt werden für den nach Ansicht der Opposition und der USA nahenden Machtwechsel in Bagdad. Zur Debatte steht ein etwa 100 Seiten starkes Papier mit dem Titel „Der Übergang zur Demokratie im Irak“. Das Konvolut sieht nach dem Ende der mehr als 20-jährigen Herrschaft Saddam Husseins eine dreijährigen Übergangszeit und anschließende Wahlen vor. Enge Vertraute Saddam Husseins sollen zur Rechenschaft gezogen werden. In dem Entwurf wird auch eine Übergangsregierung im Exil erwogen. „Das Fell des Bären soll verteilt werden, bevor er erlegt ist“, warnen Kritiker vor zu viel Wunschdenken.

An der mehrtägigen Konferenz in London nehmen auch die beiden wichtigsten Kurdenparteien, eine schiitische Organisation und der von Washington seit Jahren finanziell unterstützte Irakische Nationalkongress (INC) teil. Viele sehen die im Vorfeld viel diskutierte Option eines föderativen Staates als bestmögliches System an. Dadurch würde das Risiko eines „Verteilungskampfes“ zwischen den einzelnen Volks- und Religionsgruppen minimiert.

Als einflussreiche politische Gruppen für eine Regierung nach einem von den Amerikanern militärisch erzwungenen Regimewechsel gelten nur die Kurdenparteien unter Massud Barsani und Jalal Talabani sowie der Hohe Rat für die islamische Revolution im Irak. Die Monarchisten unter Sharif Ali könnten höchstens eine „dekorative Rolle“ spielen, hieß es. Der INC unter Ahmed Jalabi habe kaum Unterstützer im Irak.

„Die Konferenz in London wird keine Posten in einer imaginären Regierung verteilen und das ist auch gut so“, schrieb die saudische Zeitung „Arab News“ in der vergangenen Woche. Der Irak brauche neue Gesichter und die seien nicht unbedingt unter den Vertretern der Exil-Opposition zu finden. Für die Menschen in Bagdad ist es momentan aber wichtiger, erst einmal zu wissen, ob es wirklich zu einem amerikanischen Angriff kommen wird und ob sie demnächst wieder nachts mit der Angst vor Raketeneinschlägen zu Hause sitzen werden.

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