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Irak: Attentate nahe Nationalkonferenz

Die Eröffnung der Nationalkonferenz im Irak wurde von Kämpfen und Anschlägen überschattet. Kurz nach der Zusammenkunft der rund 1300 politischen und religiösen Vertreter des Landes in Bagdad schlugen in der Nähe des Tagungsortes drei Granaten ein.

Ein Mensch kam nach Angaben des Gesundheitsministeriums ums Leben, mindestens 17 weitere wurden verletzt.

Die für drei Tage angesetzte Nationalkonferenz, die unter massiven Sicherheitsvorkehrungen stattfindet, soll den Weg zur weiteren Demokratisierung des Irak ebnen. „Ihre Anwesenheit hier am heutigen Tage ist die größte Kampfansage an die Kräfte des Bösen, die dieses Land auseinander reißen wollen“, sagte Ministerpräsident Iyad Allawi in seiner Eröffnungsrede. „Das Ende des Weges ist noch nicht erreicht, aber dies ist der erste Schritt auf dem Weg zur Demokratie.“

An der Konferenz beteiligen sich nach Angaben ihres Vorsitzenden Fuad Massum 70 verschiedene Gruppen. Die Anhänger des Schiitenführers Moktada al Sadr und mehrere weitere Gruppen boykottierten wie zuvor angekündigt das Treffen. Aus Protest gegen die von den USA unterstützten Angriffe in der schiitischen Pilgerstadt Najaf zogen am Sonntag mehr als hundert Delegierte aus der irakischen Nationalversammlung aus. Die Delegierten verließen den Saal in der Hauptstadt Bagdad unmittelbar nach der Eröffnungsrede von Ashraf Jehangir Qazi, dem Irak-Sonderbeauftragten von UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Dabei riefen sie: „Solange es Luftangriffe und Beschießungen von Najaf gibt, wird es keine Nationalversammlung geben!“ Die Kämpfe zwischen Anhängern Sadrs und US-Truppen in Najaf sind am Sonntagnachmittag nach dreitägiger Waffenruhe wieder aufgeflammt. Aus dem Allgemeinen Krankenhaus der Stadt verlautete, drei Iraker seien getötet und acht weitere verwundet worden. Ein Sprecher Sadrs sagte der Nachrichtenagentur dpa, amerikanische Panzer seien auf das Gelände des Friedhofs an der Imam-Ali-Moschee vorgerückt. Rund um die Moschee gebe es Gefechte. Verhandlungen zwischen Sadr und der irakischen Regierung waren am Samstag gescheitert.

Der US-Nachrichtensender CNN berichtete, eine US-Patrouille sei in der Nähe des Friedhofs Sadrs „Mahdi-Armee“ beschossen worden. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert und zwei Anhänger Sadrs getötet. Der Sender zeigte Bilder von einer großen Rauchwolke, die über dem Stadtzentrum aufstieg. Die meisten Zivilisten hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen. Zuvor hatte Najafs Polizeichef Ghaleb al Jasairi alle Journalisten aufgefordert, die Stadt zu verlassen, weil ansonsten nicht für ihre Sicherheit garantiert werden könne.

Nach dem Wiederaufflammen der Kämpfe in Najaf hat Sadr am Sonntag dazu aufgerufen, die Verhandlungen über ein Ende der Gefechte wieder aufzunehmen. Sadr habe den Sicherheitsberater der Übergangsregierung, Muwaffak al Rubai, gebeten, nach Najaf zurückzukommen und die Verhandlungen wieder aufzunehmen, sagte Sadrs Sprecher Ahmed al Shaibani der Nachrichtenagentur AFP. Rubai hatte am Samstagnachmittag das Scheitern der Verhandlungen in Najaf bekannt gegeben und die Wiederaufnahme der Kämpfe angekündigt.

Die auf drei Tage angesetzte Nationalversammlung soll einen rund hundert Mitglieder umfassenden Nationalrat bestimmen, der als Übergangsgremium unter anderem die für Jänner kommenden Jahres geplanten Wahlen vorbereiten soll. Die Ratsmitglieder sollen den Haushalt 2005 bewilligen, können ihr Veto gegen Gesetze einlegen und Minister befragen sowie beim Tod des Präsidenten oder Vizepräsidenten deren Nachfolger bestimmen.

Die NATO entsandte unterdessen erste Ausbilder für die irakischen Sicherheitskräfte in den Golfstaat. Im Juli hatten sich die Mitgliedstaaten der Allianz nach heftiger Debatte darauf geeinigt, im August mit einem Einsatz zur Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte zu beginnen.

Im Raum Hilla südlich von Bagdad griff Sadrs „Mahdi-Armee“ mehrere Polizeiwachen und das zweitgrößte Gefängnis des Landes an. Nach Berichten von Augenzeugen wurden 500 Gefangene befreit. Aus Krankenhäusern verlautete, 13 Menschen seien getötet worden. Bei einem amerikanischen Luftangriff auf die Sunniten-Hochburg Falluja wurden nach Angaben von Ärzten elf Menschen getötet. Unter den Opfern seien auch Frauen und Kinder, sagte ein Arzt.

Im Süden des Irak starb ein 29 Jahre alter niederländischer Soldat bei einem Überfall. Fünf weitere niederländische Soldaten wurden schwer aber nicht lebensgefährlich verletzt, teilte das Verteidigungsministerium in Den Haag am Sonntag mit.

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