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Irak: Annan ruft zu Wahlteilnahme auf

UN-Generalsekretär Annan hat die irakische Bevölkerung zu Teilnahme aufgerufen. 76 Prozent der Sunniten jedoch wollen einer Umfrage zufolge die Wahlen boykottieren, 53 Prozent halten Angriffe auf fremde Streitkräfte für legitim.

Trotz der Terrorwelle rechnet die irakische Übergangsregierung mit einer hohen Wahlbeteiligung von rund 70 Prozent. Für die im Ausland lebenden Iraker begann die Abstimmung bereits am Freitag. Einen Tag vor der Wahl ging die Serie der Gewalttaten im Irak am Samstag weiter. Ein Selbstmord-Attentäter spengte sich vor einem Wahllokal in der Ortschaft Khanaqin nordöstlich von Bagdad in die Luft. Am Freitag kamen in Bagdad bei drei verschiedenen Anschlägen insgesamt fünf US-Soldaten ums Leben. Am Abend stürzte außerdem ein amerikanischer Aufklärungshubschrauber ab. Über das Schicksal der Besatzung gab es zunächst keine Informationen. Auch zur Absturzursache konnte das US-Militär keine Angaben machen.

In der irakischen Hauptstadt trat am Abend eine verlängerte nächtliche Ausgangssperre in Kraft. Sie gilt bis Dienstagmorgen – jeweils von 19.00 Uhr bis 06.00 Ortszeit und soll helfen, Terroranschläge auf Wahllokale und Wahlhelfer zu verhindern. Ab heute (Samstag) sind auch die Grenzen und der Flughafen von Bagdad gesperrt. Am Sonntag gilt in Bagdad ein generelles Fahrverbot.

In seiner Erklärung wandte sich UN-Generalsekretär Annan direkt an „jene, die den demokratischen Prozess zu stören versuchen“ und erklärte: „Verweigert den Irakern, die sich für die Teilnahme an der Wahl entschieden haben, nicht ihr Recht, dies in Freiheit und Sicherheit zu tun.“ Es könne niemals eine Rechtfertigung „für die Ermordung und Einschüchterung von Wählern, Kandidaten und Wahlhelfern geben“, erklärte Annan weiter.

76 Prozent der Sunniten wollen Wahlen boykottieren

Die Sunniten im Irak, die rund 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, lehnen einer US-Umfrage zufolge die Parlaments- und Regionalwahlen an diesem Sonntag mit großer Mehrheit ab. Laut einer Befragung des US-Instituts „Zogby International“, die in der Nacht auf Samstag von dem Fernsehsender „Abu Dhabi TV“ veröffentlicht wurde, erklärten 76 Prozent der befragten sunnitischen Iraker, dass sie an der Wahl „bestimmt nicht“ teilnehmen würden. Nur neun Prozent gaben an, dass sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen wollten.

Im Gegensatz dazu wollen 80 Prozent der schiitischen Bevölkerungsmehrheit und 57 Prozent der Kurden ihre Stimme abgeben. Zugleich befürworten 82 Prozent der sunnitischen Araber und 69 Prozent der Schiiten, dass die US-Streitkräfte den Irak sofort oder unmittelbar nach der Bildung der nächsten Regierung aus dem Irak abziehen. 53 Prozent der Sunniten halten außerdem bewaffnete Angriffe auf die fremden Streitkräfte für legitim.

„Die Gräben (in der irakischen Wählerschaft) sind so markant und tief, dass diese Wahlen, anstatt die Menschen einander anzunähern, sie eher entzweien können“, hieß es in einer Stellungnahme des Instituts zu den Ergebnissen der Umfrage. „Da die Sunniten jetzt schon die Wahlen boykottieren, ist für eine äußerst gewalttätige Mischung gesorgt.“

Die Umfrage war von „Abu Dhabi TV“ in Auftrag gegeben worden. Zwischen 19. und 23. Jänner wurde ein repräsentativer Querschnitt von 805 wahlberechtigten Irakern in den Städten Bagdad, Kerbala, Hilla und Kirkuk sowie in den Provinzen Diyala und Anbar befragt. Die Fehlerquote gab das Institut mit 3,6 Prozent an.

Wahlkommission rechnet mit 60 bis 70 Prozent Wählerbeteiligung

Der Sprecher der irakischen Unabhängigen Wahlkommission (IEC), Farid Ayar, rechnet bei den Wahlen am Sonntag mit einer Beteiligung von 60 bis 70 Prozent. Wie Ayar am Samstag in Bagdad erklärte, sei selbst unter den Sunniten mit einer Wahlbeteiligung von bis zu 30 Prozent zu rechnen. Erste Ergebnisse würde die Kommission erst 48 Stunden nach Schließung der Wahllokale um 17.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MEZ) veröffentlichen.

Davor seien höchstens „erste Trendmeldungen“ zu erwarten. Die lange Zeitspanne bis zum Vorliegen der Ergebnisse begründete Ayar mit logistischen Schwierigkeiten. „In vielen Wahllokalen auf dem Land gibt es weder Telefon noch E-Mail. Die Ergebnisse müssen praktisch auf Pferderücken nach Bagdad getragen werden“, sagte er. Das vorläufige Endergebnis werde in sieben bis zehn Tagen nach der Wahl feststehen.

Hintergrund:
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