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Irak: 60 Tage Ausnahmezustand verhängt

Die irakische Regierung hat landesweit den Ausnahmezustand verhängt. Die Maßnahme gelte für alle Landesteile außer dem Kurdengebiet im Norden des Landes, sagte der Sprecher von Regierungschef Iyad Allawi am Sonntag.

Die Regierung habe sich zu diesem Schritt entschlossen, da die Gewalt im Irak weiterhin zunehme und ihr mittlerweile täglich auch Frauen und Kinder zum Opfer fielen.

Der Ausnahmezustand gelte ab sofort. Über Einzelheiten und Auswirkungen werde der Ministerpräsident an diesem Montag genauere Auskunft geben, sagte sein Sprecher weiter. Eine Ausgangssperre sei noch nicht erlassen worden. Ausgenommen von der neuen Regelung sind nur die drei Nordprovinzen, die von der kurdischen Autonomieregierung kontrolliert werden. Nach Ablauf von 60 Tagen müsse neu entschieden werden. So sieht es das Notstandsgesetz vor, das im Juli von Allawi unterzeichnet und im August auf Druck des Premiers vom Kabinett beschlossen wurde.

Das Gesetz erlaubt es dem Regierungschef, Armee, Nationalgarde, Polizei und Geheimdienste seinem direkten Kommando zu unterstellen, Ausgangssperren zu verhängen, das Post- und Fernmeldegeheimnis aufzuheben, Festnahmen anzuordnen und Vermögenswerte zu sperren. Um Übergriffe von Seiten der Behörden zu verhindern, müssen Festgenommene aber innerhalb von 24 Stunden einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden.

Unterdessen hatten irakische Rebellen in Erwartung einer amerikanischen Großoffensive auf Falluja am Wochenende ihre Anschläge ausgeweitet und mehr als 50 Menschen getötet. Augenzeugen berichteten am Sonntag von grausamen Szenen im Stil eines Hinrichtungskommandos. In der Stadt Haklanija, 220 Kilometer nordwestlich von Bagdad, stellten die Angreifer sieben irakische Polizisten an eine Wand schossen sie nieder.

In Haklanija und der Nachbarstadt Haditha überfielen die Aufständischen mehrere Polizeiwachen und zündeten Sprengsätze. Dabei kamen nach Polizeiangaben 22 Menschen ums Leben, unter ihnen auch der Polizeichef für den Westen der Provinz Anbar, Shahir al-Jaghifi. Südlich von Bagdad wurden am Sonntag drei Mitglieder der Provinzregierung von Dijala erschossen. Sie wollten an der Beisetzung eines Kollegen teilnehmen, der ebenfalls von Rebellen getötet worden war. Am Samstag erschütterte eine Serie von Anschlägen die Stadt Samarra. Dabei wurden mindestens 29 Menschen getötet, darunter 17 Polizisten. Samarra, rund 100 Kilometer nördlich von Bagdad, war erst im September von amerikanischen und irakischen Truppen unter Kontrolle gebracht worden.

Die Eskalation der Gewalt im „Sunnitischen Dreieck“ nördlich und westlich von Bagdad hat möglicherweise die Funktion von Entlastungsangriffen, um den militärischen Druck auf die Rebellen-Hochburg Falluja zu dämpfen. Die US-Luftwaffe flog am Samstag die schwersten Angriffe auf Falluja seit sechs Monaten. Am Sonntag kamen bei Artillerie-Angriffen und Schießereien nach US-Angaben 16 Rebellen ums Leben. Die 300.000 Einwohner zählende Stadt ist von der Außenwelt abgeriegelt. Mehr als 10.000 US-Soldaten wurden in Stellung gebracht. Den Befehl zum Angriff soll der irakische Ministerpräsident Allawi geben. Die USA und die irakische Regierung wollen den Aufstand in Falluja vor den Wahlen im Jänner beenden.

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