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Ioan Holender: "Kam gerne, gehe gerne"

Wien - Der scheidende Staatsoperndirektor Ioan Holender zog heute, Mittwoch, Vormittag bei seiner Abschlusspressekonferenz Bilanz über seine Direktionszeit: "Ich habe mich in diesen 19 Jahren wirklich um alles in diesem Haus gekümmert, von den Knopffarben der Billeteure bis zum Lichtabdrehen. Ich habe auch für alles die Verantwortung getragen, was hier passiert ist. Ich habe mich dafür prügeln lassen, und ich habe mich dafür loben lassen."

Sein Fazit: “Ich kam gerne. Ich gehe gerne.” Der Direktion seines Nachfolgers Dominique Meyer hinterlässt er 11,787 Mio. Euro in der Kassa: “Das ist meine Morgengabe.”

Fast eine halbe Milliarde Euro (473,875 Mio. Euro) hat Holender in den 19 Saisonen von 1991 bis 2010 an Karteneinnahmen verzeichnen können, 93 Premieren (davon elf Kinderopern) und 5.473 Vorstellungen vermeldet die hauseigene Statistik, die außerdem noch 63 Ballett-Premieren und 21 Premieren an der Volksoper für jene Zeit erwähnt, als Staats- und Volksoper unter einer gemeinsamen Direktion standen.

Über 11,04 Mio. Besucher sorgten für eine durchschnittliche Sitzplatzauslastung von 96,11 Prozent. Die Eigendeckung betrug durchschnittlich 45 Prozent. “Andere sind froh, wenn sie 20 Prozent erreichen können”, meinte der kaufmännische Direktor Thomas Platzer. Knapp unter 30 Mio. Euro konnten an Sponsorgeldern lukriert werden. “Ich bedanke mich! Küss’ die Hand! Aber es sind Trinkgelder”, sagte Holender und betonte, dass vor allem der Steuerzahler den Betrieb finanziere. Deswegen sei er auch “froh und stolz, dass wir dem Steuerzahler immer Besseres und immer mehr bieten konnten, ohne ihn mehr zu belasten”. Die Basisabgeltung des Bundes ist bekanntlich seit 1999 unverändert geblieben.

Holender, der auch sein neues Buch (“Ich bin noch nicht fertig”, Zsolnay Verlag) vorstellte (“Kaufen Sie es, denn ich krieg’ zehn Prozent des Verkaufspreises!”), wird am 20. Juni mit Armin Wolf und Bogdan Roscic ein Matinee-Gespräch führen und hält am 26. Juni ab 18.30 Uhr eine “Musikalische Rückschau” ab, bei der in weitgehend chronologischer Folge Ausschnitte aus 40 der 93 Premieren präsentiert werden. Es werde “keine Star-Show”, aber “ein langer Abend”, sagte der Direktor: “Aber mein Gott, wenn man eine lange Direktionszeit ausgehalten hat, wird man auch diesen langen Abend aushalten.” Placido Domingo soll nicht nur an diesem Abend teilnehmen, sondern als Überraschung auch einen kurzen Schlussauftritt im abschließenden “Parsifal” am 30. Juni absolvieren, “als Symbol, dass ein Kreis geschlossen wird”. Domingo hatte in der ersten Vorstellung von Holenders Rekord-Direktionszeit den Parsifal gesungen.

“Und dann werde ich mich verabschieden und gehen”, versicherte Holender, der auf Nachfrage auch seine künftigen Tätigkeiten aufzählte: Er werde weiterhin jeden Montag Vormittag an der Universität Wien unterrichten, jeden ersten Montag im Monat für Ö1 im Radiokulturhaus mit einem ausgewählten Gast über Musik sprechen und jeden letzten Montag des Monats Gastgeber seiner ATV-Sendung sein. Er werde seine ehrenhalber ausgeübte Tätigkeit des Enescu-Festivals in Bukarest fortsetzen, an der Donau-Uni in Krems lehren, das Frühlingsfestival in Tokio ebenso beraten wie die Metropolitan Opera in New York, wo er im September einen Zweijahres-Vertrag als Berater antreten wird.

An der Budapester Oper (“Dieses Haus ist mir sehr sympathisch, es ist eines der schönsten, kleiner als die Staatsoper, aber mit einer fantastischen Geschichte”) sei er bereits als Berater tätig und vom Kulturstaatssekretär gefragt worden, ob er unter einer möglichen Direktion von Gyula Harangozo sich vorstellen könne, seine Tätigkeit auszuweiten. Holender kann. Seine Funktion könnte “künstlerischer Beauftragter” heißen, nicht “Verantwortlicher”, denn “verantwortlich bin ich für nichts”. Er werde sicher nicht als Operndirektor nach Budapest gehen. Die Entscheidung soll voraussichtlich “Anfang Juli” fallen: “Noch sind das ungelegte Eier.”

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