Die zahlreichen interessierten Medienvertreter aus dem In- und Ausland könnten allerdings schon vor dem Vortrag der Anklage aus dem St. Pöltner Gerichtssaal gebeten werden, in dem sich Josef. F. ab 16. März unter anderem wegen Mordes vor Geschworenen zu verantworten haben wird.
Dazu wäre gar kein Antrag des Verteidigers oder der Opfer-Anwältin nötig, die im Fall F. die Interessen der betroffenen Familie vertritt. Eine Bestimmung in der Strafprozessordnung (StPO) – konkret der § 229 – sieht vor, dass das Gericht von Amts wegen die Öffentlichkeit vor Erörterung des persönlichen Lebens- oder Geheimnisbereiches eines Angeklagten, Opfers oder Zeugen ausschließen darf. Der Ausschluss kann unter Umständen das gesamte Verfahren umfassen. Lediglich die Urteilsverkündung hat in jedem Fall öffentlich zu erfolgen.
“Im gegenständlichen Fall scheint es mir nahe zu liegen, dass das Gericht von sich aus darüber nachdenken müsste, ob nicht ein Überwiegen der schutzwürdigen Interessen der Opfer vorliegt, das es rechtfertigen würde, die Öffentlichkeit vor dem Eröffnungsvortrag der Staatsanwaltschaft auszuschließen”, meinte Kurt Kirchbacher, Hofrat am Obersten Gerichtshof (OGH) und Honorarprofessor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Salzburg, im Gespräch mit der APA.
Dies sei umso mehr geboten, als mit der jüngsten StPO-Novelle die Rechte der Opfer von strafbaren Handlungen gestärkt wurden: “Der Opferschutz wurde massiv ausgebaut. Das gilt natürlich auch für die Hauptverhandlung.” Die Staatsanwaltschaft sei grundsätzlich verpflichtet, ihr Beweismaterial dahingehend zu prüfen, ob ein öffentlicher Vortrag der Beweisergebnisse nicht zu sehr den persönlichen Lebensbereich der Opfer verletze, gab Kirchbacher zu bedenken: “Eine Anklageschrift kann schon 1.000 Dinge enthalten, die unter die schutzwürdigen Interessen der Opfer fallen.”
Der Gesetzgeber habe danach getrachtet, zwischen dem Spannungsdreieck Wahrheitsfindung, Beschuldigtenrechte und Opferschutz einen gerechten Ausgleich zu schaffen. Im Fall F. wäre in diesem Spannungsfeld die Stellung der Opfer derart stark, dass es nach Ansicht Kirchbachers “absolut gedeckt” wäre, würde das Gericht vor dem Plädoyer der Staatsanwältin Zuhörer und Pressevertreter aus dem Saal zu bitten.
Dieser Ansicht schließt sich grundsätzlich auch Klaus Schwaighofer, Vorstand am Institut für Strafrecht an der Universität Innsbruck, an: “Wenn der Schutz der Opfer überwiegt, ist dem Gericht ein gebundenes Ermessen gegeben, von sich aus die Öffentlichkeit auszuschließen.” Speziell in Geschworenenverfahren gehe der Anklagevortrag tendenziell oft ins Detail und falle mitunter recht drastisch aus, erläuterte Schwaighofer am Mittwoch im Gespräch mit der APA.
Das gesamte Verfahren hinter verschlossenen Türen zu führen, hält Schwaighofer jedoch für “nicht angemessen”, wie er deutlich machte: “Pauschal für die ganze Verhandlung geht das nicht. Das lässt sich mit dem Zeugen- und Opferschutz nicht begründen. Die Öffentlichkeit gehört wesentlich zum Fair Trial.”
Vorrangig müssten die Opfer vor der medialen Verwertung ihrer im Vorverfahren getätigten Aussagen geschützt werden, betonte Schwaighofer. Es gebe jedoch auch im Fall F. “unproblematische Verfahrensteile”. Der Strafrechtler hält es etwa für zulässig, das Gutachten mit den technischen Ermittlungsergebnissen vor Publikum zu erörtern: “Aussagen darüber, wie das Verlies konstruiert und gebaut worden ist, haben mit dem höchstpersönlichen Lebensbereich der Opfer nur bedingt zu tun.”