VN: Die aktuelle Diskussion um russisches Gas zeigt, dass heimische Energiequellen durchaus Vorteile haben. Könnte Vorarlberg überhaupt so viel Strom produzieren, wie in Zukunft gebraucht werden wird?
Summer: Wenn wir heute vergleichen, wie viel wir in Vorarlberg verbrauchen und wie viel wir selber erzeugen, so ist es so, dass wir über das gesamte Jahr gesehen in etwa die Mengen an Strom erzeugen, die wir brauchen etwa 2,8 Milliarden Kilowattstunden. Es ist aber volks- und betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll, die Spitzen- und Regelenergie der Illwerke zur Landesversorgung zu verwenden.
VN: Weil Sie den Spitzenstrom teurer ins Ausland verkaufen können.
Summer: Das Spitzenprodukt kann sinnvoller exportiert werden. Aber das zweite ist, dass wir die Energiemenge im Jahresdurchschnitt erzielen. Wir haben im Sommer zu viel Energie, im Winterhalbjahr, wo nur 30 Prozent der Jahresenergie erzeugt wird, vergleichsweise zu wenig.
VN: Die VKW stoßen gerade in die Mobilität vor. Weshalb sind Elektroautos für Sie als Landesversorger interessant?
Summer: Wir erzeugen mit Strom ein Produkt, das nur indirekt gespeichert werden kann. Im großen Stil sowieso nur mit Wasserspeichern wie unseren Kraftwerken. Einerseits wird die Pumpspeicherung wie bei Kops II in den nächsten 20 Jahren die einzige große Möglichkeit zur Stromspeicherung bleiben. Wenn aber andererseits das Elektroauto kommt, habe ich plötzlich Millionen Akkus in den Garagen. Das Elektroauto wird Kurzstrecken fahren und 22 bis 23 Stunden täglich stehen. Wenn wir diese Batterien zusammenschalten, könnte zukünftig überschüssige Energie aus dem Stromnetz, die bisher in Pumpwerken aufgenommen wird, im großen Stil in Akkus gespeichert werden. Auf die Frage, ob das eine Gefahr für unser Kerngeschäft sein könnte, haben wir uns entschieden, Wissen in diesem Bereich zu sammeln. Ich glaube, am Elektroauto wird in der Mobilität der nächsten Generation kein Weg vorbeiführen. Vor allem im Kurzstreckenbereich.
VN: Nun ist Vorarlberg eine Modellregion, in der heuer noch 100 Elektroautos fahren sollen. Wie darf man sich das Fahrgefühl vorstellen?
Germann: Die heutigen Elektroautos sind typische Kleinfahrzeuge, es gibt auch ganz brauchbare kleine Lieferwagen. Der Komfort beim Fahren ist vergleichbar mit einem Verbrennungsmotor. Der Elektromotor hat ein hohes Drehmoment, deshalb ist auch die Beschleunigung gut. 94 Prozent aller Fahrten im Rheintal und Walgau sind unter 50 Kilometer, die Elektroautos haben eine Reichweite von bis zu 170 Kilometer. Da bietet sich der Einsatz regelrecht an.
VN: Wer bekommt die ersten Elektroautos?
Germann: 40 der ersten 100 Autos gehen an öffentliche Einrichtungen wie Gemeinden oder die Caritas, 40 weitere Autos an Unternehmen und vorerst nur 20 an Private. Wir möchten jetzt bewusst mit Unternehmen Erfahrungen sammeln, weil wir davon ausgehen, dass es in den nächsten Jahren noch einmal einen Entwicklungsschritt bei den Autos geben wird, der den Umstieg für Private attraktiver macht. Summer: Die Automobilindustrie hat das Thema bisher vernachlässigt. Nur Mitsubishi in Japan hat ein Produkt am Start ansonsten sind die Konzerne noch nicht soweit. Deshalb ist es schwierig, derzeit komfortable Autos zu bekommen.
VN: In diesem Jahr sind gemeinsam mit den VN eine ganze Reihe an Aktivitäten unter dem Stichwort Energie für unser Leben geplant. Was steht im Mittelpunkt?
Germann: Der sinnvolle und vernünftige Umgang mit Energie und zwar langfristig. Wir haben in Vorarlberg nach wie vor jährliche Zuwachsraten beim Stromverbrauch von zwei Prozent. Das sind 50 Millionen Kilowattstunden, also genau der Jahresverbrauch einer Gemeinde wie Lech. Wir sind überzeugt, dass die zukünftige Energienutzung auf zwei Standbeinen stehen muss. Es wird sicher darum gehen, das Wasserkraftpotenzial, das es in Vorarlberg gibt, weiter zu nutzen. Andererseits wird das Thema Energieeffizienz weiter in den Vordergrund rücken.
VN: Welche Kraftwerksprojekte fassen Sie derzeit ins Auge?
Summer: Da ist auf der einen Seite die Frage, ob an der unteren Bregenzerach und der unteren Ill Wasserkraftnutzung möglich ist. Beim Obervermuntwerk ist es so, dass die Druckrohrleitung vom Silvretta-Stausee im nächsten Jahrzehnt ersetzt werden muss. Das wird unterirdisch geschehen, und eventuell bietet sich da ab 2015 ein zweites Kraftwerk an. Als kleines Projekt ist das Pumpwerk Rells zu nennen. Dort gibt es die Überlegung, zwei Bäche zu fassen und ins Lünerseewerk einzuleiten. Das sind die Projekte, die wir derzeit untersuchen.
VN: Die Haushalte werden sich heuer noch konkret mit dem Energiesparen auseinandersetzen müssen, weil z. B. die 100-Watt-Glühlampen ab September nicht mehr erhältlich sind.
Germann: Ja, das Thema Beleuchtung wird in der nächsten Zeit einen entsprechenden Stellenwert erhalten. 10 Prozent des Stromverbrauchs entfallen auf die Beleuchtung. Eine 60-Watt-Glühbirne kann ich heute durch eine 15-Watt-Energiesparlampe ersetzen. Da ist riesiges Potenzial drin.
VN: Was hat sich in den letzten Jahren technisch getan?
Germann: Die Energiesparlampen von heute sind mit den Vormodellen vor 15 Jahren nicht mehr vergleichbar. Interessierte können bei uns vorbeikommen und sich über Energiesparlampen informieren. Das soll auch ein Schwerpunkt in unserer Beratungstätigkeit in der Aktion Energie für unser Leben werden. Wir möchten für die Konsumenten ein Energiesparhaus konzipieren, das wir an mehreren Plätzen in Vorarlberg präsentieren. Da können sich dann alle selbst ein Bild machen.
VN: Wo gibts in Ihrem Haushalt die größten Stromfresser, Herr Germann?
Germann: Bei mir sind das die Umwälzpumpen und dann hätte ich gern einen Schalter, der die ganzen Verbraucher abstellt, wenn ich das Haus verlasse. Wir haben aber in den letzten Jahren sehr viel in die thermische Sanierung investiert, Fenster ausgetauscht und Isolierungen eingezogen. Energiesparen hat auch bei uns privat einen hohen Stellenwert.