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Internationaler Haftbefehl gegen Ex-Präsident Ben Ali

Die tunesische Übergangsregierung hat einen internationalen Haftbefehl gegen den gestürzten Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali und seine Frau Leila Trabelsi beantragt.
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Ben Ali und mehrere weitere Familienmitglieder würden wegen Bereicherung und illegaler Devisentransfers gesucht, sagte der tunesische Justizminister Lazhar Karoui Chebbi am Mittwoch in Tunis. Im Laufe des Tages wurde außerdem eine Umbildung der tunesischen Übergangsregierung erwartet. Seit Tagen fordern Proteste im Land ein Ausscheiden von Ben Alis ehemaligen Anhängern aus dem Kabinett.

Chebbi kündigte zugleich an, im Zusammenhang mit den gewaltsamen Unruhen sechs Angehörige von Ben Alis Präsidentengarde vor Gericht zu stellen. Der seit 23 Jahren regierende Präsident war am 14. Jänner nach tagelangen Protesten ins saudi-arabische Exil geflohen. Die Schweiz hat bereits seine Konten einfrieren lassen. Die EU hat dies ebenfalls vor. Die Polizeiorganisation Interpol bestätigte den internationalen Haftbefehl zunächst nicht.

Der Trabelsi-Clan der Präsidentengattin ist in dem nordafrikanischen Land verhasst, weil er wichtige Schlüsselposten der Wirtschaft besetzt und sich auf diese Weise bereichert hatte. Ihre Villen wurden nach ihrer Flucht systematisch von aufgebrachten Bürgern geplündert.

In Tunis wurde für Mittwochnachmittag eine Kabinettsumbildung erwartet. Sie wird unter anderem nötig, weil seit Nominierung der Übergangsregierung am 17. Jänner fünf designierte Regierungsmitglieder ihre Posten nicht übernommen haben. Bei ihnen handelt es sich um drei Gewerkschafter, einen Oppositionellen sowie einen früheren Anhänger des geflohenen Präsidenten Ben Ali. Nach Angaben aus regierungsnahen Kreisen sollen die fünf vakanten Posten durch unabhängige Kandidaten ersetzt werden. Es blieb aber unklar, ob sich die wütenden Demonstranten damit zufriedengeben würden.

Die Übergangsregierung besteht zwar auch aus früheren Oppositionspolitikern. Viele Posten sind aber noch mit den Vertretern der alten Garde besetzt, allen voran die Ämter des Ministerpräsidenten und des Außen, Innen- und Verteidigungsministers. Mohammed Ghannouchi etwa ist seit 1999 Regierungschef. Er hat angekündigt, nach den Wahlen zurückzutreten, die in den kommenden Monaten stattfinden sollen. Bis dahin fühle er sich aber verpflichtet, den Übergang zur Demokratie zu lenken, sagte er.

Die tunesische Polizei setzte unterdessen Tränengas gegen mehrere hundert Demonstranten ein, die am Mittwoch in Tunis vor dem Sitz des Ministerpräsidenten ihren Unmut zum Ausdruck brachten. Einige Teilnehmer warfen Steine auf die Beamten. Die Demonstranten forderten erneut den Rücktritt aller Minister, die bereits für Ben Ali gearbeitet haben.

Rund 11.000 Gefängnisinsassen in Tunesien haben die Unruhen nach dem Sturz von Präsident Ben Ali zur Flucht genutzt, sagte Justizminister Chebbi gegenüber Journalisten. Die Zahl liege damit deutlich höher als bisher angenommen. Mittlerweile seien etwa 1.500 der Entflohenen wieder hinter Gittern. Nach Angaben des Ministers wurden zudem seit der Flucht Ben Alis 2.460 Gefangene freigelassen. Er sagte nicht, wie viele von ihnen aus politischen Gründen inhaftiert waren.

Der Sturz Ben Alis ermutigte Oppositionelle im Nahen Osten und in Nordafrika zu verstärkten Protesten und Demonstrationen zivilen Ungehorsams. In Ägypten verlangten am Dienstag tausende Demonstranten den Rücktritt des autoritär regierenden Präsidenten Hosni Mubarak nach fast 30 Jahren Herrschaft.

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