Internationale Pressestimmen zur Flüchtlingskrise in Europa

“Times” (London):
“Europa ist unfähig, den Flüchtlingen zu helfen, weil es keine Übereinstimmung darüber gibt, wer für ihr Schicksal verantwortlich ist, und wie man darauf reagieren sollte. Es gibt keine Führungskraft in Europa, um eine entsprechende Einigung herbeizuführen.(Premierminister David) Cameron tut gut daran, sich auf keine konkrete Zahl für die Aufnahme von Flüchtlingen festzulegen, bevor Einzelheiten über das Auswahlverfahren festgelegt werden. Es wird problematisch sein, aus den Lagern in der Türkei an der Grenze zu Syrien die Verzweifelten von den Notleidenden zu unterscheiden und herauszusuchen. Doch Syrien ist offensichtlich das Problem Europas. Großbritannien ist eine führende Nation in Europa, und die Zeit ist gekommen, sich entsprechend zu verhalten.”
“Neue Zürcher Zeitung”:
“Deutschland sieht sich innerhalb der EU in der unangenehmen Rolle dessen, der – bei allen eigenen Herausforderungen – ein Vorbild ist und dafür gescholten wird, dass er umsetzt, was eigentlich selbstverständlich erscheint. Auch mit Frankreich gibt es dazu keine einheitliche Position, weil Paris eine andere ‘Willkommenskultur’ pflegt als Berlin. (Bundeskanzlerin Angela) Merkel und der französische Präsident Hollande haben nun aber, wohl auch aus Frust über die langsame Reaktion der EU-Kommission, ihre Forderungen in einem Brief aufeinander abgestimmt. Es geht unter anderem um die Schaffung europäisch betriebener Aufnahmezentren, die gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Staaten und eine Liste sicherer Herkunftsländer. Deutschland ist auch gewillt, besonders betroffenen Staaten stärker zu helfen.”
“De Standaard” (Brüssel):
“Die Fokussierung auf die Balkanroute, auf der Zehntausende vor Kriegsgewalt fliehen, macht vergessen, dass es eine viel größere und unaufhaltsam wachsende Bewegung junger Menschen gibt, die aus Afrika flüchten wollen und in Europa das Land der Verheißung sehen. (…) Der Druck auf Europas Südgrenzen lässt nicht nach. Im Gegenteil. Die demografischen Prognosen weisen auf eine starke Zunahme der jungen Bevölkerung Afrikas hin. Chancen für ein gutes Leben gibt es dort kaum. Derweil nehmen Möglichkeiten zu, es anderswo zu versuchen – auch wenn damit Gefahren verbunden sind. Keine Mauer, kein Meer und keine Macht wird diese Menschen davon abhalten, sich in Richtung des vergreisenden Europa auf den Weg zu machen. Die Debatte über diese Herausforderung hat noch nicht einmal richtig begonnen. Derzeit zieht die politische Panik wegen eines noch relativ leicht beherrschbaren Aufnahmeproblems alle Aufmerksamkeit und Energie auf sich. Doch die Entscheidungen, die noch vor uns liegen, sind viel schwieriger als das, womit mit wir derzeit beschäftigt sind.”
(APA)