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Internationale Kritik an Iran

Ungeachtet scharfer internationaler Proteste hat sich der Iran entschlossen gezeigt, sein Atomprogramm voranzutreiben. Negative Reaktionen gab es auf die Forderung Russlands nach einem Urananreicherungsstopp.

Der stellvertretende Leiter der iranischen Atombehörde, Mohammad Saidi, kündigte am Mittwoch eine Urananreicherung in großem Stil an, bei der bis zu 54.000 Zentrifugen zum Einsatz kommen sollen. Negative Reaktionen gab es auf die Forderung der russischen Regierung nach einem Ende der Urananreicherung. Israels Generalstabschef Dan Halutz schloss einen Militärschlag gegen den Iran zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus. Saidi machte die Ankündigung im staatlichen Fernsehen einen Tag nach der Erklärung der Teheraner Regierung, wonach iranische Wissenschaftler erstmals Uran angereichert haben. Dabei wurden nach offiziellen Angaben lediglich 164 Zentrifugen eingesetzt. „Wir werden die Urananreicherung in der Atomanlage Natanz industriemäßig ausbauen“, sagte der hohe Funktionär. Die Regierung habe die Internationale Atomenergiebehörde in Wien von der Absicht in Kenntnis gesetzt, bis zum Jahresende 3000 Zentrifugen in Natanz zu installieren. Am Ende sollten bis zu 54.000 Zentrifugen für die Urananreicherung zum Einsatz gebracht werden. Einen Zeitrahmen dafür nannte Saidi nicht. Die 54.000 Zentrifugen sollen, so Saidi, ausreichen, um genügend Uran für den Betrieb eines 1000-Megawatt-Atomreaktors anzureichern. Ein solcher Reaktor wird derzeit im Süden des Landes mit russischer Hilfe fertig gestellt. Die Urananreicherung kann der Herstellung von Kernbrennstoff, aber auch von atomwaffentauglichem Material dienen. Nach iranischen Angaben dient das Atomprogramm ausschließlich der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Der UNO-Sicherheitsrat hat den Iran am 29. März aufgefordert, die Arbeiten zur Urananreicherung bis spätestens 28. April einzustellen.

Präsident Mahmoud Ahmadinejad hatte am Dienstagabend in einer Fernsehansprache gesagt: „Ich erkläre förmlich, dass der Iran dem Klub der Nuklearstaaten beigetreten ist.“ Zugleich kündigte er an, der Iran wolle sein Nuklearprogramm unter Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde und in Einklang mit den Regeln des Atomwaffensperrvertrags betreiben. IAEA-Generaldirektor Mohamed ElBaradei wurde am Mittwoch zu Gesprächen in Teheran erwartet.

Das Weiße Haus in Washington verurteilte die Teheraner Erklärung. Damit isoliere sich das Regime nur noch mehr von der übrigen Welt, sagte der US-Regierungssprecher Scott McClellan vor Journalisten. Die iranische Führung bewege sich in die falsche Richtung. Auch das russische Außenministerium sprach von einem falschen Schritt. Außenminister Sergej Lawrow warnte am Mittwoch aber zugleich vor einer Dramatisierung der Lage und wandte sich noch einmal entschieden gegen eine Militäraktion gegen den Iran. Ein Militäreinsatz würde das Problem nicht lösen, sondern die Spannungen im Nahen Osten weiter anheizen, zitierte die Nachrichtenagentur RIA-Nowosti Lawrow.

Der israelische Generalstabschef Halutz sagte in einem Interview, trotz der aus Teheran gemeldeten Fortschritte beim iranischen Atomprogramm sollte Israel zunächst die Ergebnisse der diplomatischen Bemühungen der internationalen Gemeinschaft abwarten. „Wir sollten nicht nach israelischen Lösungen suchen und sie auch nicht empfehlen. Alles zu seiner Zeit“, erklärte Halutz. Mit einem spektakulären Lufteinsatz hatte Israel 1981 den mit französischer Hilfe errichteten irakischen Atomreaktor „Osirak“ zerstört. Der Chef des Militärgeheimdiensts, General Amos Yadlin, äußerte die Einschätzung, Teheran könnte binnen drei Jahren über die Atombombe verfügen. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts könne die Entwicklung abgeschlossen sein, sagte Yadlin der Zeitung „Yedioth Ahronoth“.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat Medienberichte über detaillierte Angriffspläne der USA gegen den Iran als Hirngespinste zurückgewiesen. „Es bringt einfach nichts, sich ins Fantasyland zu begeben“, sagte Rumsfeld am Dienstag (Ortszeit) in Washington. Im Atomstreit mit Teheran setze Washington „auf die diplomatische Schiene“. Der prominente Journalist Seymour Hersh hatte im Magazin „The New Yorker“ einen Pentagon-Berater mit den Worten zitiert, das Weiße Haus betrachte einen Regimewechsel im Iran als „einzigen Weg zur Lösung des Problems – und das bedeutet Krieg“. Die Planungen würden auch einen möglichen Einsatz von Atomwaffen inkludieren.


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