AA

Interimspräsident Carmona vereidigt

Nach dem politischen Umsturz in Venezuela hat die neue Übergangsregierung bereits in der Vereidigungszeremonie das Parlament und das Oberste Gericht aufgelöst.

Interimspräsident Pedro Carmona (60) versprach dabei am Freitagabend in Caracas die Abhaltung von „freien, demokratischen und transparenten Wahlen“ in spätestens einem Jahr. Der bisherige Präsident des Unternehmer- Verbandes Fedecamaras unterzeichnete ein Dekret, das weite Teile der Struktur des Staates des nach blutigen Massenprotesten abgesetzten linksnationalistischen Staatschefs Hugo Chavez abschafft.

Carmona werde bis zu geplanten Parlamentswahlen im Dezember eine Übergangsregierung leiten, teilte ein Sprecher des Präsidentenpalastes am Freitagabend (Ortszeit) in Caracas mit. Die Abgeordneten würden mit der Vollmacht ausgestattet, die Verfassung zu ändern. Innerhalb eines Jahres sollen Präsidentenwahlen abgehalten werden. Carmona werde nicht als Kandidat für die Präsidentenwahlen zugelassen. Bis Dezember werde es Parlamentswahlen geben.

Das Dekret Carmonas begründet einen Staatsrat und annulliert die von Chavez in Würdigung des Befreiungshelden Simon Bolivar kreierte Landesbezeichnung „Bolivarianische Republik Venezuela“. Das ölreiche Land heißt wieder Republik Venezuela. Carmona bat die Bevölkerung um Unterstützung und gab auch die Namen der elf neuen Kabinettsmitglieder bekannt. Drei der neuen Minister sind Militärs. Das Innenressort wurde dem General Rafael Damiani übertragen.

Sowohl in Venezuela als auch im Ausland wuchsen unterdessen die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entwicklung in Venezuela. Der bisherige Generalstaatsanwalt Isaias Rodriguez meinte, die offizielle Version des Oberbefehlshabers der Streitkräfte, General Lucas Rincon, wonach Chavez von seinem Amt zurücktrat, sei unwahr. „Das Rücktrittsdokument wurde nicht gezeigt“, sagte Rodriguez. Die Militärs und die Übergangsregierung müssten dem Volk die Wahrheit sagen und einräumen, dass es einen Putsch gegeben habe. Bei einem Rücktritt von Chavez hätte dieser Schritt zudem vor dem Parlament erfolgen und der Vizepräsident das Amt übernehmen müssen.

Chavez-Verbündete wie der Gouverneur des Staates Tachira, Ronald Blanco, und Tochter Maria Chavez versicherten, der Präsident sei nicht zurückgetreten. Der Vorwurf eines Militärputsches wurde auch im Ausland, etwa von Argentiniens Präsident Eduardo Duhalde, erhoben. Der Umsturz wird von vier lateinamerikanischen Ländern nicht anerkannt. Auf dem Gipfeltreffen der so genannten Rio-Gruppe in Costa Rica erklärten drei der 13 versammelten Staats- und Regierungschefs am Freitag, sie würden die Übergangsregierung nicht anerkennen, bis es Wahlen gegeben habe. Mexiko, Paraguay und Argentinien erklärten, die vom Militär eingesetzte Regierung von Carmona sei nicht rechtmäßig. Kuba bezeichnete den Sturz von Präsident Hugo Chavez als illegal.

Alle 13 Präsidenten zeigten sich über die Lage in dem ölreichen Land besorgt und beklagten den Verlust von Menschenleben. Der costaricanische Präsident Miguel Angel Rodriguez sagte in einer gemeinsamen Erklärung: „Wir verurteilen die Unterbrechung der verfassungsmäßigen Ordnung.“

Der 47-jährige Chavez war nach der blutigen Niederschlagung von Massenprotesten mit 15 Toten in der Nacht zum Freitag unter starkem Druck des Militärs gestürzt worden. Die genauen Umstände des Umsturzes sind unklar. Seitdem sitzt Chavez in Caracas in der größten Kaserne des Landes, Fuerte Tiuna, hinter Gittern. Chavez solle so lange festgehalten werden, bis seine Verantwortung für die Unruhen ermittelt sei, sagte Carmona. Der Interimspräsident versprach, alle Verantwortlichen des „Massakers“ würden zur Rechenschaft gezogen werden. Der bisherige Innenminister Ramon Rodriguez wurde in einer Wohnung festgenommen.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Interimspräsident Carmona vereidigt
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.