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"Institutionen hätten handeln müssen"

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Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat bei seiner Zeugenaussage im BAWAG-Prozess eine geteilte Verantwortung der Prüfinstanzen im Rahmen der Finanzmarktaufsicht gesehen. 

Beide Institutionen, die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) wie auch die zuständigen Mitarbeiter im Finanzministerium, hätten nach dem OeNB-Prüfbericht der BAWAG 2001 reagieren müssen, sagte Grasser. Er selber, damals Finanzminister, habe den OeNB-Prüfbericht 2001 gar nicht gesehen, der Bericht sei auch nicht seinem Kabinett vorgelegt worden, sondern wurde im Finanzministerium „final bearbeitet“, erklärte Grasser. „Abgelegt“, ergänzte Richterin Claudia Bandion-Ortner. „Wer hätte reagieren müssen, als die BAWAG die Unterlagen nicht hergab?“ fragte die Richterin. „Es hätten beide reagieren müssen, wenn die Notenbank echten Handlungsbedarf sieht, hätte sie sagen müssen, schaut’s euch das an. Das Finanzministerium hätte die Prüfer dazu fragen müssen, auch diese Frage hat man meines Wissens nicht gestellt“, so der Ex-Finanzminister.

Der OeNB-Prüfbericht 2001 der BAWAG wurde im Finanzministerium abgelegt. Laut den Angaben des zuständigen Sektionschefs habe man damals keine schwerwiegenden Probleme bei der BAWAG gesehen, auch habe die Notenbank keinen Zwischenbericht verfasst, erläuterte Grasser. Ein Zwischenbericht wäre ein Zeichen gewesen, dass die Notenbank Probleme sehe. Außerdem sei ein Bericht des Wirtschaftsprüfers vorgelegen, „wenn sie den durchlesen, hat man den Eindruck, es ist alles wunderbar“, meinte Grasser. Für 2002 sei damals ohnehin eine Folgeprüfung der BAWAG vorgesehen gewesen, die aber erst im Jahr 2003 durchgeführt wurde. Als „plausibelste Erklärung“ für diese Verschiebung nannte Grasser heute vor Gericht, dass damals die Verantwortung der Finanzmarktaufsicht vom Finanzministerium auf die neue Finanzmarktaufsichts-Behörde (FMA) übergegangen sei. „Mit der Weisheit des Rückblicks kann man einiges aus dem Bericht 2001 herauslesen“, meinte Grasser schließlich in der Befragung. Er halte es für „sinnlos“, die Schuld zwischen Notenbank und Finanzministerium hin- und herzuschieben, daran wolle er sich nicht beteiligen. Auch im Herbst 2005, nach der Kreditvergabe der BAWAG an den US-Broker Refco in Höhe von 350 Mio. Euro “übers Wochenende“, sei auf sein Drängen hin eine Prüfung der BAWAG durchgeführt worden, erläuterte Grasser. „Beide Institutionen, FMA und OeNB, sagten mir, sie haben nichts gefunden“.

Von den Verlusten, den Flöttl-Geschäften und der ÖGB-Garantie habe die Aufsicht also auch im Jahr 2005 nichts gemerkt. „Es gab ein so gutes aktives und passives Verschleiern dieser Handlungen, dass weder Notenbank noch FMA im Jahr 2005 draufgekommen sind“, resümierte der Ex-Finanzminister. Grasser war von Februar 2000 bis Jänner 2007 Finanzminister.

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