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Informationsfreiheitsgesetz: Aus für Amtsgeheimnis ist nun fix

Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses ist nun fix.
Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses ist nun fix. ©APA/EVA MANHART (Symbolbild)
Das österreichische Parlament steht kurz vor der Verabschiedung des neuen Informationsfreiheitsgesetzes, das das bisherige Amtsgeheimnis abschaffen wird.

Nach intensiven Verhandlungen und Änderungen am Regierungsentwurf hat die SPÖ zugestimmt, die notwendige Verfassungsmehrheit mitzutragen. Der stellvertretende Klubobmann der SPÖ, Jörg Leichtfried, teilte der APA mit, dass "deutliche Verbesserungen" erreicht wurden, um "endlich Transparenz in die österreichischen Amtsstuben zu bringen".

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) freuten sich am Mittwoch vor dem Ministerrat über diesen "Meilenstein" und dankten der SPÖ, deren Stimmen für eine Zweidrittelmehrheit nötig sind, für die konstruktiven Verhandlungen. Beschlossen werden soll die im Verfassungsrang verankerte Regelung Ende Jänner im Plenum.

Informationsfreiheitsgesetz: Koalition äußerte sich zufrieden über Entwicklungen

In Wien äußerte sich auch die Koalition zufrieden über die Entwicklungen. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) dankte der SPÖ für die Kooperation und hob hervor, dass ein "Paradigmenwechsel" gelungen sei. Künftig werde Transparenz die Norm und Geheimhaltung die Ausnahme sein. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) beschrieb die Reform als einen "monumentalen Kulturwandel", der es den Bürgern ermöglichen wird, besser zu verstehen, wie auf Bund-, Länder- und Gemeindeebene sowie in Ämtern, Behörden und staatsnahen Unternehmen für sie gearbeitet wird.

Die SPÖ betont, dass zukünftig alle Verwaltungsorgane, unabhängig von ihrer rechtlichen Form, zur Informationsbereitstellung verpflichtet sein werden. Dies betrifft auch staatliche Unternehmen, bei denen der Staat eine faktische Kontrolle ausübt. Eine Ausnahme hiervon bilden lediglich Gemeindeverbände mit weniger als 5.000 Einwohnern, die Informationen nur auf Antrag bereitstellen müssen.

Aus für Amtsgeheimnis: Umstrittener Aspekt wurde angepasst

Ein umstrittener Aspekt des ursprünglichen Gesetzentwurfs, der die Verpflichtung zur Benachrichtigung und Anhörung Dritter vor der Informationserteilung vorsah, wurde ebenfalls angepasst. Behörden sind nun nicht mehr verpflichtet, Dritte zu informieren, wenn dies die Meinungsfreiheit einschränken könnte.

Des Weiteren wird die Amtsverschwiegenheit bei parlamentarischen Anfragen abgeschafft, wobei nur noch wenige Ausnahmen wie nachrichtendienstliche Informationen oder besonders sensible Daten von Bürgern eine Antwortverweigerung rechtfertigen.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Verwaltungsorgane von Bund, Ländern und Gemeinden sowie mit der Bundes- und Landesverwaltung betraute Organe auskunftspflichtig sind. Dabei wird die Wettbewerbsfähigkeit nicht hoheitlich tätiger Unternehmungen mit Staatseinfluss berücksichtigt.

Die Auskunft soll grundsätzlich innerhalb von vier Wochen erteilt werden, mit der Möglichkeit einer Fristverlängerung um weitere vier Wochen. Staatliche Organe müssen zudem Informationen von "allgemeinem Interesse" proaktiv veröffentlichen.

Leichtfried bezeichnete die Einigung als "historisch" und als einen Kulturwandel in der Verwaltung. Die endgültige Beschlussfassung des Gesetzes ist für Januar geplant, mit einer geplanten Umsetzung im Sommer 2025. Vorher wird noch ein Experten-Hearing im Verfassungsausschuss stattfinden.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach auf X (vormals Twitter) von einer guten Nachricht, immerhin hätten die NEOS seit zehn Jahren Druck gemacht für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Knackpunkt seien allerdings die Details. "Weitreichende Ausnahmen sind keine gute Idee, will man einem wirklich historischen Schritt!" Wiens NEOS-Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr pochte per Aussendung etwa auf einen unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten, der in der Praxis strittige Fragen beim Zugang zu Informationen klärt. Die Ausnahmeregelung für kleine Gemeinden kritisierte er als "nicht nachvollziehbar".

Der Gemeindebund hob wiederum genau diese Regelung positiv hervor. Schließlich hätten gerade kleinere Gemeinden weniger Personal für rechtliche Abwägungen und durch das Recht auf individuelle Informationsfreiheit könne ohnehin jeder Bürger unabhängig von der Einwohnerzahl des Wohnorts Auskünfte verlangen. Insgesamt handle es sich um einen "breit getragenen Kompromiss", der einen Paradigmenwechsel zu mehr Transparenz bringe, so die Vizepräsidenten Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger in einer Aussendung.

Christian Meidlinger, Vorsitzender der ehemaligen Gemeindebedienstetengewerkschaft Younion, begrüßte das Gesetz zwar grundsätzlich, warnte allerdings, dass das Personal wegen gestiegener Anforderungen der vergangenen Jahre schon jetzt überlastet sei. "Wenn die Politik mehr Leistung will, muss sie auch für ausreichend Personal und Mittel sorgen", pochte er auf mehr Geld etwa für IT und automatische Lösungen. Außerdem forderte er, dass die Offenlegungspflicht auch für Firmen gelten müsse, die sich um öffentliche Aufträge bemühen.

Kogler: Es komme zu einem "monumentalen Kulturwandel in diesem Land"

Mit der Abschaffung komme es zu einem "monumentalen Kulturwandel in diesem Land", betonte der Vizekanzler: "Bye bye Amtsgeheimnis, welcome Informationsfreiheit." Damit bewahrheite sich, was man vor Monaten angekündigt habe, so Kogler. Damit könne das Transparenz- und Antikorruptionspaket im Wesentlichen abgeschlossen werden. "Das kommt einer Transparenzrevolution gleich", sagte Kogler euphorisch. Bewiesen habe man damit auch die Arbeitsfähigkeit der Regierung und jene des Parlaments - "jedenfalls mit den konstruktiven Kräften und nicht mit jenen, die nur krakeelen".

Dieser "historische Paradigmenwechsel" sei nicht einem "Weihnachtswunder" geschuldet sondern "schlicht und ergreifend der umfassenden Einbindung und den zähen Verhandlungen", erklärte die Verfassungsministerin. Damit sei ein Ergebnis gelungen, das sich sehen lassen könne, so Edtstadler: "Nur wenige haben uns diese Einigung zugetraut." Die Verfassungsministerin lobte den Entwurf als "ausbalanciert". Zum einen werde dem Informationsbedürfnis nachgekommen und gleichzeitig eine funktionierende Verwaltung gewährleistet. Auch Edtstadler bedankte sich bei den Parlamentsklubs, insbesondere beim stellvertretenden SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried für die "konstruktiven Gespräche".

Auch die FPÖ sieht das Informationsfreiheitsgesetz in der geplanten Form - trotz "kosmetischer Korrekturen" an manchen Stellen - weiter kritisch. Ihr fehlen Punkte wie eine "Cooling-off-Phase" für Höchstrichterposten oder eine Prüfbefugnis für den Rechnungshof bei Unternehmen schon ab einer 25-prozentigen Beteiligung der öffentlichen Hand. Auch die Ausnahmeregelung für kleine Gemeinden bei der proaktiven Informationspflicht kritisieren die Freiheitlichen. "Die ÖVP hat hier ihren Bürgermeistern die Mauer gemacht", so Verfassungssprecherin Susanne Fürst per Aussendung. Dazu komme, dass mit dem neuen Gesetz für die kleinen Gemeinden die Veröffentlichungspflicht für Studien, Gutachten und Umfragen wegfalle, was eine Verschlechterung zur aktuellen Rechtslage sei.

Positive Reaktionen auf die jüngsten Änderungen kamen vom Forum Informationsfreiheit, das seit Jahren eine Gesetzesänderung eingemahnt hatte. So sei der Geltungsbereich bei den staatsnahen Unternehmen und Gemeindeverbänden ausgeweitet worden. Es gebe aber weiterhin einige Lücken, drängte Obmann Mathias Huter auf eine Überarbeitung noch vor dem Beschluss. Es bräuchte etwa weniger Ausnahmemöglichkeiten bei der Informationspflicht.

(APA/Red)

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