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Information an Aufsichtsrat nicht notwendig

Eine Information des gesamten BAWAG-Aufsichts­rats von den hohen Verlusten durch Wolfgang Flöttls Spekulationsgeschäfte sei laut Auskunft zweier Juristen nicht notwendig gewesen, erklärte Elsner am Montag.

Daher habe der Vorstand es im Oktober 1998 bei der Information des Aufsichtsratspräsidenten Günter Weninger gelassen. Als Begründung führte Elsner heute an, dass der Aufsichtsrat der BAWAG „löchrig wie ein Emmentaler“ gewesen sei: Wenn die Information an die Öffentlichkeit gelangt wäre, hätte dies einen „Run auf die Bank“ ausgelöst und zu weiterem Schaden geführt.

Diese Rechtsauskunft habe ihm der damalige BAWAG-Anwalt Florian Gehmacher sowie der – unterdessen verstorbene – Handelsrechtsprofessor Gerhard Frotz gegeben, als er ihnen „abstrakt“ einen Beispielsfall vorgelegt hatte. „Ich habe gefragt, wie sich ein Vorstand bei einem Geschäftsfall zu verhalten hat, der zu einem Verlust geführt hat, der aber zuvor vom Aufsichtsrat zustimmend zur Kenntnis genommen wurde“. Anwalt Gehmacher habe bei der BAWAG-Vorstandssitzung vom 28. Oktober 1998 telefonisch geantwortet, es sei Aufgabe eines Vorstandes, in erster Linie an das Unternehmen zu denken und es zu schützen. „Der Vorstand ist geradezu verpflichtet, so zu handeln, dass nichts passiert“, erinnerte sich Elsner an die damalige Auskunft Gehmachers. Auch ein Sonderbericht an den Aufsichtsrat wäre weder laut Gehmacher noch laut Frotz nötig gewesen.

Gehmacher selber wollte sein Telefongespräch mit Elsner offenbar nicht als Rechtsauskunft verstanden wissen. In einer Aktennotiz vom 30. Oktober 1998, die dem Gericht vorliegt, schrieb der Anwalt, er habe lediglich Gesetzesstellen des Aktiengesetzes bzw. aus dem kommentierten Gesetzbuch zitiert, hielt Richterin Claudia Bandion-Ortner dem Angeklagten vor. „So ist es mir nicht genannt worden“, meinte Elsner. Er habe während seines Gesprächs mit Gehmacher das Telefon auf laut geschalten, die übrigen Vorstandsmitglieder hätten mitgehört. „Ich bin schon gespannt auf Dr. Gehmacher, der im September zu uns als Zeuge kommen wird“, so die Richterin.

Ohne den befürchteten „Run auf die Bank“ (massenhafte Abhebungen von Spareinlagen) hätten die Verluste – damals in Höhe von 639 Mio. Dollar (467 Mio. Euro), Anm. – an sich nicht die Liquidität der BAWAG gefährdet, auch habe man ja ein Sanierungskonzept vorgelegt. Die Ertragslage der Bank sei positiv gewesen. Gefahr hätte nur bestanden, wenn die Verluste an die Öffentlichkeit gelangt wären. Im BAWAG-Aufsichtsrat gab es laut Elsner undichte Stellen: „Für uns war es eine starke Vermutung, dass der Aufsichtsrat möglicherweise nicht ganz dicht – nicht was das Hirn betrifft – war“.

Nach dem Ausscheiden Anton Benyas als ÖGB-Präsident habe es „innerhalb des ÖGB eine Situation gegeben, wo man möglicherweise nicht so freundlich miteinander umgegangen ist“. Strafanzeige habe die BAWAG aber keine erhoben, da man nie gewusst habe, wer die vertraulichen Informationen an die Medien weitergebe. Dazu hätte man auch den Eigentümer, damals noch der ÖGB, fragen müssen, meinte Elsner.

Den Vorgänger Weningers an der Aufsichtsratsspitze, den heutigen Arbeiterkammerpräsidenten Herbert Tumpel, habe er damals auf Wunsch von ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch nicht von den Verlusten informiert, da Tumpel im Jahr 1998 keine Bank-Funktion mehr innehatte. „Verzetnitsch wollte es nicht“, so Elsner heute.

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